Das Epochenheft, ein Schatz der Schulzeit

Ich habe heute via Instagram eine Nachricht bekommen mit der Frage, was es eigentlich genau mit dem Epochenheft auf sich hat. Gute Frage! Und so wie ich es gerade wahrnehme, ein sehr aktuelles Thema. Denn leider hat sich die Idee des Epochenheftes im Homeschooling und beim Distanzlernen immer weiter Richtung „Arbeitsheft“ verschoben. Das beobachte nicht nur ich. Also ein guter Zeitpunkt, einmal genau auf das Epochenheft zu schauen.

Liebevoll mit der Arbeit verbunden: Jedes Epochenheft wird ein kleines Meisterwerk!
Hier ist ein Kind meiner Familie bei der Arbeit.

Hefte gibt es viele

Na klar, an jeder Schule gibt es viele verschiedene Hefte. Das Epochenheft scheint mir aber eine Spezialität der Waldorfschule zu sein.

Arbeitsheft, Vorschreibheft & Co.

Diese Hefte kennen wir wohl alle. Wenn geübt wird, wenn vorformuliert wird, wenn notiert wird. Dann werden oft Hefte mit Linien und Kästchen verwendet, die reihenweise vollgeschrieben werden. Dort stehen die Übungsaufgaben. Hier ist der Ort, um Inhalte vorzubereiten, Lernstoff zu festigen, zu rechnen, Schriften auszuprobieren usw.

Das Epochenheft als Nachschlagewerk

Anders als an Regelschulen, gibt es zu den Unterrichtsepochen des Klassenlehrers meist kein Lehrbuch, an dem sich die Kinder orientieren – sie schreiben es nämlich selbst und das ist das Epochenheft. Somit ist ein vollständiges Epochenheft ein gelungenes Nachschlagewerk, das über den Zeitraum der Epoche zusehends wächst und die Inhalte der Epoche ordentlich dokumentiert.

Aufbau des Epochenheftes

Das Epochenheft beginnt mit einem Inhaltsverzeichnis. Daher wird die erste Seite meistens freigelassen. Alle weiteren Seiten werden nummeriert. Es entstehen Kapitel und Unterkapitel. Die Beiträge des Epochenheftes bekommen auch ein entsprechendes „Layout“ aus Überschrift, Text – gegebenenfalls mit Zwischenüberschriften – und Bildern, am besten selbst gezeichnet.

Am Ende der Epoche werden dann die Kapitel und Unterkapitel im Inhaltsverzeichnis zusammengetragen – und fertig ist das Nachschlagewerk der Epoche, die Kinder haben ihr eigenes Lehrbuch geschrieben.

Von der weißen Seite zum „Layout“

Die meisten Epochenhefte bestehen aus weißen, unlinierten Seiten. Die Kinder lernen, diese zu strukturieren. So wird meist mit dem Wachsblöckchen zunächst ein Rähmchen gezogen, um nicht zu weit auf den Rand zu schreiben (Orientierung auf der Seite). Schon früh arbeiten die Kinder auch mit Linienblättern. Sorgfalt ist oberstes Gebot.

Meist gehört zu jedem Text ein Bild, das gezeichnet oder gemalt werden muss. Die künstlerische Arbeit wirkt dabei im Seelischen, die Kinder verbinden sich weit mit dem Lernstoff.

Das sorgfältige Arbeiten mit Liebe zum Detail ist mehr als bloßes Niederschreiben und Einkleben. Es ist eine vielseitige, gründliche Arbeit. Das Epochenheft erfährt dadurch eine hohe Wertschätzung.

Was nicht passt, wird passend gemacht

Lose Blätter soll es nicht geben. Hat man etwas abgeschrieben und braucht die Vorlage nicht mehr, so kann die Vorlage aussortiert werden. Gehört ein Arbeitsblatt, Foto etc. ins Heft, so wird es an passender Stelle eingeklebt. Ist es zu groß, schneidet oder faltet man es ordentlich zurecht. Übersichtlichkeit ist wichtig, um sich in dem Nachschlagewerk auch später noch zurechtzufinden.

Verschiedene Arbeitsmaterialien geben Struktur

Bei mir in Klasse 3 sind für eine ordentliche Heftführung und -gestaltung inzwischen im Einsatz:

  • Wachsblöckchen für die Rähmchen der Seiten
  • Wachsmalstifte für Bilder, die Geschichten oder Erlebnisse widerspiegeln
  • Bleistift und Buntstifte für exakte Zeichnungen
  • Linienblatt zum Schreiben
  • Füller zum Schreiben
  • Lineal, um die Überschrift oder andere wichtige Textstellen zu unterstreichen, ggf. etwas durchzustreichen.
  • Kleber, um evt. auch einmal etwas einzukleben.

Der sichere Umgang mit den verschiedenen Materialien ist schon ein ziemliches „Management“, das von Anfang an angelegt und geübt werden muss. Letztendlich lernen die Kinder nicht nur den Umgang und Einsatz der Arbeitsmaterialien, sondern kommen auch von einer leeren, weißen Seite zu einem übersichtlich strukturierten Heftbeitrag in Wort und Bild.

Struktur auch für andere Bereiche

Eine Heftseite zu strukturieren und die Arbeitsmittel passend einzusetzen, ist auch auf andere Bereiche übertragbar: Es geht schließlich immer darum, die Dinge und Themen für sich zu ergreifen, indem man sie eingrenzt und einteilt (nicht nur physisch), also erst überlegt, dann planvoll umsetzt.

Durchhalten üben

Oftmals ist das leere Heft, der Beginn einer Epoche, ein wahrer Neustart. Die Kinder nehmen sich meist vor, dass dieses Heft das Schönste aller Zeiten wird. Ihr bestes Heft überhaupt. Ist das Heft dann nicht mehr so neu, lässt der Elan schonmal nach. Doch das Durchhalten zahlt sich aus: Ein gelungenes, vollständiges Nachschlagewerk ist schon eine kleine Trophäe.

Der besondere Wert

Es ist nicht nur der Erinnerungswert und die „Trophäe“, das eigene Nachschlagewerk geschaffen zu haben. Ich glaube, es ist im Gegensatz zu einem reinen „Arbeitsheft“, wie ich es zu Beginn dieses Artikels beschrieben habe, ein kleines Meisterwerk für sich.

Ein Epochenheft wird auch aufbewahrt wie ein kleiner Schatz, die Arbeits- und Vorschreibhefte meistens nicht. Da ich nun selbst schon größere Kinder habe, ist eine „Schulzeitreise“ anhand der Epochenhefte eine so wundervolle Erinnerung und Dokumentation von Lernfortschritten, für die ich sehr dankbar bin. Auch die Kinder können sehen, was sie schon alles gelernt und geschafft haben.

Das habe ich gelernt! Bilanz des Schuljahres

Ich sammle die Epochenhefte meiner Klasse über das gesamte Schuljahr hinweg. Am Ende des Schuljahres bekommen die Familien dann eine große Mappe mit allen gesammelten Epochenheften. So kann man am Schuljahresende darin schwelgen, sich in einem Jahresrückblick erinnern – und genau sehen, was sich von Beginn bis Ende eines Schuljahres so alles entwickelt hat. Eine wirklich schöne Erinnerung, ein lebendiges Erleben des Lernens und Erinnerungen fürs Leben.

Kinderhände – Morgenritual

Nach dem beruhigenden, entspannenden Abendritual und der hoffentlich gut verlaufenen Nacht ist es Zeit für den ersten Gruß des Tages, eine weckende Handberührung. Gerade kleine Schlafmützen können so sanft, aber immer wacher, in den Tag starten.

Es darf duften

Man muss nicht unbedingt auch wieder ein Öl mit Duft versetzen. Ein Diffuser am Morgen wirkt auch wahre Wunder. Ätherischer Duft in Kombination mit gerade verlaufenden, ausstreichenden Bewegungen wecken sanft auf.

Welche Öle sind aufweckend?

Hier greift man am besten zu Zitrusölen (Grapefruit, Limette, Mandarine, Orange, Zitrone), aber auch Melisse hat eine aufweckende Wirkung. Noch ein Tipp: Geranie und Muskatellersalbei wirken ermutigend. Wenn Dein Kind also eine Portion Mut braucht, um fit in den Tag zu starten, ist eine Mischung aus diesen Düften hilfreich.

Die erste Berührung des Tages

Zunächst wird wieder die ganze Hand liebevoll umhüllt und so der erste sanfte Kontakt des Tages hergestellt. Die folgenden, ausstreichenden Bewegungen finden dann erst mit der ganzen Hand statt, außen und innen, dann mit den einzelnen Fingern.

Den Namen nennen

Zum liebevollen Wecken gehört auch, den Namen des Kindes zu nennen. Ein allgemeines „Guten Morgen“ ist nicht so weckend wie den eigenen Namen zu hören.

Guten Morgen, liebe*r_______
das wird ein schöner Tag.


Und dazu auch ein oder zwei schöne und positive Dinge sagen, die anstehen.

Es wartet ein schönes Frühstück auf Dich.
Gleich siehst Du Deine Freunde wieder.
In der Schule kannst Du zeigen, ….
Nach der Schule besuchen wir….


Eine Übung auch für uns Erwachsene

Einmal kurz innehalten, an den Tagesablauf aus Sicht des Kindes denken und sich in die Kleinen hineinversetzen, das ist wichtig. Wie oft denken wir an unsere ganzen To Dos und wie das Kind dort mit hinein organisiert wird. Doch wie ist die andere Seite, die des Kindes? Wo ist der Raum für bewusste Momente mit der Familie?

Ich hoffe, Ihr konntet für Euren Start in den Tag eine Inspiration finden.

Kinderhände – Abendritual

Kinderhände be-greifen, gehen in Kontakt, lernen und zeigen unermüdlich Gesten. In den Händen steckt so viel: Sie erleben vielfache Sinneserfahrungen und in den kleinen Handflächen liegt der Ich-Punkt. Schenken wir Kinderhänden Zuwendung und Pflege. Ich möchte Euch gern zwei kleine Rituale für Kinderhände vorstellen, heute das erste.

Pflegen, halten, beruhigen

Zur guten Nacht noch einmal die Hände halten. Mit Goldtröpfchenöl. Zwei Wege für ein Abendritual:

Mit älteren Kindern auf den Tag blicken

Am Bett des Kindes, erst die eine, dann die andere Hand halten, Wärme und pflegendes Öl spenden. Die eigene Hand mit dem Öl „vorwärmen“, die Kinderhand halten und gemeinsam den Tag Revue passieren lassen. Kreisende Bewegungen führen dabei zur Ruhe. Das kleine Abendgespräch mit einem positiven Gedanken abschließen: Etwas, das besonders schön war oder etwas, auf das wir uns am nächsten Tag freuen.

Ein Sprüchlein für jüngere Kinder

Auch hier wird das Öl zunächst auf die schützende Hand gegeben und gewärmt.
Dann werden dazu kleine Verslein gesprochen:

Der runde Mond glänzt silberhelle,
Sternlein stehen ihm zur Stelle.
Still und leise leuchtet er,
wie ein Schatz im Sternenmeer.
Freuet sich ganz still und leise,
schaut herab auf seine Weise.
Schickt ein Träumlein gleich zu dir,
runder Mond, wir danken dir.



Ich wünsche Euch und Euren Lieben viel Freude mit dem kleinen Goldtröpfchen-Ritual am Abend.

Literatur dazu: „Rhythmische Einreibungen“ ( Monika Fingado, Natura Verlag)

Tafelmalen, Formenzeichnen

Das Tafelmalen interessiert viele (Waldorf-) Eltern und angehende Lehrer. Wie entsteht die Tafelkunst, die in unserem Schulalltag auch mit dafür sorgt, dass im Klassenraum eine angenehme Atmosphäre einzieht? Warum wird an Tafeln in Wadorfklassenzimmern überhaupt so viel gemalt?

Dustin und ich haben in unserer aktuellen Podcastfolge von „Kaffee, Kreide, Morgenspruch“ darüber gesprochen und erstmals konnten wir dabei auch auf die Fragen unserer Zuhörer*innen und Follower bei Instagram eingehen.

Fragen der Zuhörer*innen

Wie gut muss man von vornherein schon malen können, wenn man Waldorflehrer*in werden will? Wie kann man sich während der Ausbildung darauf vorbereiten? Welche Kreide wird verwendet? Wie ist es, ein Bild für die eigene Klasse zu malen?

Tafelmalen und Formenzeichnen

Darüber kommt man auch zu dem Unterrichtsfach Formenzeichnen, eine Waldorf-Spezialität. Die Formen, die mit den Kindern im Unterricht erarbeitet werden, werden live vor der Klasse an der großen Tafel gemalt. – Während die meisten anderen Tafelbilder ganz in Ruhe, in stundenlanger Arbeit, in der Regel nach Unterrichtsende oder am Wochenende gemalt und die Kinder von ihnen am nächsten Schultag überrascht werden.

Kopf, Herz und Hand

Diese Art zu malen und zu arbeiten, ist sehr besonders und hier lebt wiederum die Botschaft an meine Klasse: Auch ich arbeite mit Kopf, Herz und Hand.

Hört gern hinein in unser Waldorflehrergespräch, Podcast „Kaffee, Kreide, Morgenspruch“ – überall, wo es Podcasts gibt und über diesen Blog. Wir freuen uns sehr!

Kleine Impression

Tafelmalen und Formenzeichnen sind ein weites Feld!

Märchen, Märchen….

Ein Märchen, zwei Welten – und ganz viel für die Seele

Märchen versprühen einen ganz besonderen Zauber, den wir alle kennen und in uns aufnehmen. Was ist eigentlich das Besondere an den Märchen? Warum sind sie so gut für die Seele? Oder sind sie es doch nicht, sondern eher brutal? Ich hoffe, ich kann hier einen kleinen Einblick geben. Übrigens sind Märchen nicht nur Balsam für Kinderseelen.

Es war einmal….

Mit diesem Satz beginnt die ganze Magie. Für Kinder bedeutet dies: Als die Welt noch nicht die Welt war, die ich kenne. Lange Zeit, bevor ich lebte. Das ist übrigens auch der Zauber, den Großeltern weitertragen mit Geschichten von früher, aus ihrer Kindheit, die ja in Kinderaugen sooo lange her ist. Doch Märchen schaffen darüber hinaus weitere seelische Verbindungen zum Kind.

Reich an Bildern und doch sparsam mit Details

Die erzählte Welt der Märchen ist so ganz anders, es leben Wesen in ihr, die wir nicht kennen. An Orten, Schlössern, Zauberwäldern oder im Verborgenen, geheimnisvoll fremd. Und doch wissen wir nicht, wie genau die Akteure oder die Umgebungen genau aussehen. Ist der Dummling blond oder dunkelhaarig, klein und dünn oder größer und stämmig? Das steht nirgends geschrieben.

Diese Mischung aus „ganz anderer Welt“ und Sparsamkeit der Details lässt so viel Raum für Fantasie – und die Verbindung zur eigenen Person.

Eine Brücke zwischen zwei Welten

Jedes Märchen hat Gut und Böse, seine Aufgaben, die bewältigt werden müssen und natürlich seine Helden. Kinder verbinden sich mit dem Guten, den Helden, und wenn diese in der Beschreibung weniger ausgearbeitet sind, füllen sie dies mit ihren eigenen Stärken.

Andersherum fühlen sie auch die Ängste, Einsamkeit und Not der Protagonisten, die ja meist große Aufgaben bewältigen müssen, manchmal auf Leben und Tod. Hier wird vermittelt: Sei die Aufgabe auch noch so groß, sie kann geschafft werden. Am Ende wird alles gut.

Dieser indirekte, entfernte Zugang wirkt stärkend im Seelischen.

Sind Märchen brutal?

Häufig wird geäußert, Märchen seien für Kinder doch zu brutal. Dazu sei gesagt, dass es kein Märchen gibt, das gewaltsame Handlungen näher beschreibt. Wenn Rumpelstilzchen sich entzwei reißt, fließt im Märchen kein Blut und Rumpelstilzchen selbst ist auch kein vertrautes Wesen, das unser Mitleid tief erregt. Ebenso ist der Wolf kein Sympathieträger, der die Großmutter oder die Geißlein gefressen hat und dem danach der Bauch aufgeschnitten wird. Den Bauch kann man übrigens aufschneiden, Steine hineinlegen und dann wieder wieder zunähen. Dann erwacht das Tier aus seinem Schlaf…

Wir Erwachsenen haben grausame Szenen vielleicht schon mit allen Details in Büchern gelesen oder in Filmen geschaut und sehen dadurch die Gewalt weitaus blutiger und brutaler vor unserem inneren Auge. Kinder haben jedoch keine weitere Vorstellung davon. Das sollte man bedenken.

Sollte ich ein Märchen vorlesen, umformulieren oder frei erzählen?

Die Sprache und das Sprechen von Märchen ist eine Kunst, der Wortschatz und die Formulierungen aus vergangenen Zeiten strahlen schon aus, dass diese Welt weit weg ist. Wenn wir uns zudem an den genauen Wortlaut halten – der meist auch schöne Rhythmen und Sprachmelodien mitbringt – schafft dies eine große Vertrautheit beim Kind.

Märchen sollte man immer wieder vorlesen, die Wiederholung schafft nicht nur ein liebevolles Ritual, sondern eben auch das beruhigende Eintauchen in ein vertrautes Bild. Genau dies ist nicht gegeben, wenn man frei heraus vorträgt. Auch das Umformulieren bringt möglicherweise Details hinzu, die im Seelischen wieder anders wirken als die ursprüngliche Geschichte. Daher halte ich mich beim Märchenerzählen immer an den Originaltext. In Klasse 1 wird dieser auch oftmals auswendig gelernt, um die Kinder beim Erzählen anschauen zu können.

Doch vorsicht: Das Erzählen sollte ruhig vor sich gehen und auch nicht von großer Mimik und Gestik begleitet werden. Wer all zu sehr betont, „färbt“ die Geschichte wieder mit eigenen Bildern, die bei uns Erwachsenen ja – wie gesagt – deutlich weiter ausgereift sind und bei Kindern dann eine unbehagliche Stimmung erzeugen können. Insbesondere wenn eine Bezugsperson Gefühle von Grusel und Angst transportiert.

Märchen mit Klang

In meinem Podcast erzähle ich die Märchen im Originaltext und wenig betont. Zwischendurch lasse ich Klänge natürlicher Instrumente einfließen. Dies hilft beim konzentrierten Zuhören.

Ich wünsche eine schöne, erholsame Märchenzeit für die Seele.

Montag ist Märchenmontag!

Literaturtipp: „Die Märchenleiter“ von Arnica Esterl, Verlag Freies Geistesleben.

Starkes Mindset, starke Kinder

Man kann Kindern gar nicht genug mit auf den Weg geben, wie willkommen, geliebt und wertvoll sie sind. Sicher, das ist in erster Linie eine ganz große Familienaufgabe. Doch auch an der Waldorfschule findet zum Glück viel konstante Beziehung über Jahre statt und dies ist ebenso eine große Chance, die anvertrauten Kinder auch mental zu stärken.

Wir kennen es alle: Schulzeit heißt eben nicht „mir fliegt alles zu“ und „ich höre immer nur, wie wunderbar mir alles gelingt“, sondern Schule heißt auch mal kämpfen, aushalten, kleine und größere Dämpfer verarbeiten, mit Kritik und Krisenstimmung umzugehen. Auch das gehört zum Leben und Aufwachsen dazu. Mit einer vertrauten und vertrauensvollen Gemeinschaft ist ein Umfeld geschaffen, in dem auch dies fürs Leben gelernt werden kann. Dass Kritik eine konstruktive Seite hat. Dass man sich manchmal auch ganz schön strecken muss, um an einer Aufgabe wachsen zu können. Dass es auch mal Rückschläge gibt.

Kinder vor negativen Dingen bewahren?

Man schützt sein Kind nicht, indem man Rückschläge von ihm fernhält und Hindernisse aus dem Weg räumt. Aber man unterstützt es, indem man es innere Stärke aufbauen lässt. Stärke, auch mit Schwierigkeiten umzugehen, Niederlagen und Streitereien zu verarbeiten.

Wie zwei Waagschalen

Wenn ein Kind an sich und seine Fähigkeiten glaubt, seine vielen Stärken aktiv erleben durfte und dann eine Niederlage erfährt, glaubt es gleichzeitig auch, dass es diese meistern kann und weiß: „Es kommen bestimmt auch wieder bessere Zeiten, denn ich kann so viel mehr und habe schon so viel geschafft.“

Nehmen wir das Bild zweier Waagschalen: Die eine ist voller positiver Glaubenssätze. Heißt: Sätze, die das Kind tief verinnerlicht hat und an die es fest glaubt.
Plötzlich fällt ein riesiger Gesteinsbrocken in die andere Waagschale und sorgt für ein enormes Ungleichgewicht. Der Stein steht für die Krise, die manchmal wie eine kleine Urgewalt daher kommt. Nun liegt es daran, die Positiv-Seite vorab so gestärkt zu haben, dass die gesamte Waage wieder ins Gleichgewicht kommen kann.

Das Glücksglas

Kleines Glas, großer Schatz

Meine Klasse befindet sich gerade in einem Entwicklungsalter, das oft mit einer Krisenstimmung, einhergeht. In der Waldorfpädagogik wird diese Zeit „Rubikon“ genannt (mehr dazu hier).

Dass Lockdown, Wechselmodell und diverse, teilweise verschärfte, Hygienekonzepte nicht gerade für ein sicheres Gefühl sorgen, muss auch nicht näher erklärt werden. Um den Fokus auf die vielen schönen Kleinigkeiten des Alltags zu legen, habe ich den Kindern im Lockdown ja schon das Glücksheft an die Hand gegeben, das einige auch sehr schätzen.

Das Glücksglas

Meine neue Idee ist das Glücksglas. Hier finden sich kleine Affirmationsbotschaften. Positive Affirmationen gehören methodisch zur Autosuggestion. Dies ist ein Weg, die Psyche positiv zu beeinflussen. Mit kleinen Merksätzen, die immer wiederholt und dadurch vor dem inneren Auge weiter ausgestaltet werden, entsteht das feste Bild der Botschaft: Ich bin wertvoll, ich bin liebenswert, ich kann so Vieles schaffen.

Am Wochenanfang dürfen die Kinder nun die „Botschaft der Woche“ für sich ziehen. Was dort steht, stimmt und bewegt. Im positiven Sinne. Nach den Zeugnissprüchen halten wir einen Moment inne, an dem jeder an seine „Glücksbotschaft der Woche“ denkt.

Wenn eine Botschaft mehrfach gezogen wurde, erlaubt sie durch die Wiederholung eine tiefere Beschäftigung. Man kann sich natürlich auch fragen: Steckt womöglich eine größere Aufgabe dahinter? Werden immer verschiedene Botschaften gezogen, entsteht auf Dauer eine eine positive Vielfalt.

Ich habe das Glas gestaltet und es bekommt seinen festen Platz in der Klasse, für ein schönes, stärkendes Ritual am Wochenanfang.

Die ersten 16 Glücksbotschaften habe ich auch hier zum kostenlosen Download für Euch:

Wer sie ohne mein „Montagskindblog“-Label haben möchte, kann hier schauen.

Ich würde mich über viele Nachahmer freuen!

Meditative Flötentöne

Die monatliche Fantasiereise in meinem Podcast „Märchen mit Klang“ wird ausnahmsweise diesmal nicht mit Klangschalen begleitet, sondern mit der meditativen Flöte Siyotanka. Jede Flöte dieser privaten Flötenwerkstatt ist ein Unikat und handgefertigt (unbeauftragte Werbung!). Es ist ein Instrument der American Natives.

Zur Fantasiereise

Die Fantasiereise führt diesmal in einen frühlingshaften Park, wo ein kleiner Baum-Bewohner dich mit bis in die hohe Baumkrone einer alten Kastanie nimmt. Dort genießt ihr gemeinsam die Frühlingssonne und die Rückkehr der Kraniche.

Hier geht es direkt zum Podcast:

Podcast-LINK

Und hier ist der Text als Download, wenn Du diese Fantasiereise selbst jemandem geben möchtest. Die Fantasiereise ist nur für den privaten Gebrauch gestattet.

Fantasiereise als Text:

Und der Link zu den Flöten

http://www.siyotanka.de

Wie alles begann

Da ist es passiert!

Ganz ehrlich: Wie wahrscheinlich ist es, einmal im Leben von einer Giraffe geknutscht zu werden? Und wie wahrscheinlich ist es, als Staatsschülerin ohne Bezug zum Waldorfumfeld, einmal Waldorflehrerin zu werden?

Nun Ja. Vor fast 25 Jahren überlegte ich fieberhaft, was ich nach dem Abi so machen könnte – und habe weder von der einen Sache, noch von der anderen im Entferntesten etwas geahnt. Doch beides ist eingetreten.

That`s Life!

Ist es nicht genial, dass das Leben jenseits der vorstellbaren Möglichkeiten passiert, ohne Plan? Zurück zum Anfang. Ich wusste schon sehr lange, dass ich gern mit Kindern arbeiten wollte. Schule gefiel mir als Arbeitsort grundsätzlich auch, aber so wie ich es selbst erlebt hatte, wünschte ich es mir nicht für meine eigene Lehrerrolle. Mir war damals schon klar, dass ich kein „Lehrplan-Service“ sein wollte, der irgendwie „von oben“ kommt, aber vielleicht gar nicht zu der Arbeit mit den Kindern passt.

Es folgten Praktika an einer Förderschule, einer heilpädagogischen Pflegeeinrichtung für Kinder und einer Grundschule. Da sah ich mich doch mehr im Bereich Schule. Am liebsten hätte ich Sondererziehung und Rehabilitation auf Lehramt studiert, doch ich bekam leider keinen Studienplatz. Andere Lehramtsstudiengänge überzeugten mich nicht.

Letztendlich studierte ich Germanistik und Sozialwissenschaften auf Magister (später Bachelor/Master) und begann, u.a. für eine Tageszeitung zu schreiben, was mir auch ausgesprochen gut gefallen hat. Deswegen blogge und schreibe ich heute noch so gerne!

Kein Weg ohne Abbiegung

Doch schon bald war ich wieder mitten im Thema „Alternative Pädagogik“ und der Waldorfweg begann, mit einem schönem Zwischenstopp bei Montessori – by the way.

Warum und wieso alles so kam, wie es kommen musste und ich familiär und beruflich voll ankommen konnte, darüber habe ich mit Dustin gesprochen, der auch Waldorflehrer, aber an einer anderen Schule, ist. Wir haben einen gemeinsamen Podcast „Kaffee, Kreide, Morgenspruch“ gestartet, wo wir uns – natürlich ganz subjektiv – über unser Waldorflehrerleben unterhalten. Dustin war übrigens auch Staatsschüler und hat auch einen sehr speziellen Weg in die Waldorfpädagogik gefunden.

Wir würden uns freuen, wenn Ihr mal bei uns reinhört. Ab Freitag überall, wo es Podcasts gibt!

Wir sind zwar keine Podcast-Profis, aber wir machen einfach
mal – könnte ja gut werden!

Zaubersterne, Zauberblumen

Ich mag sie so, diese kleinen Achtsamkeits- und Glücksmomente zwischendurch. Hier habe ich ein sehr nettes Klangschalenspiel dazu. Schaut einmal:

Die Vorbereitung

Man bastelt kleine Sterne und Blumen, gern frei Hand oder mit dieser Vorlage:

Es muss nicht einmal symmetrisch sein. Hauptsache, man kann die Blüten oder Zacken von außen zuklappen, dass die ganze Mitte bedeckt ist.

In die Mitte der Zauberblume oder des Zaubersterns kann man dann kleine Dinge malen oder Glücksbotschaften schreiben, die sich dann offenbaren. Sie lassen sich schön mit Wachsmalern gestalten.

Los geht`s

Kleinere Kinder bekommen fertig gebastelte Blumen mit kleinen Glückszeichen, dazu diesen Spruch. Sie dürfen die Klangschale beim Sprechen zart anschlagen, um den Zauber wirken zu lassen:

Zauberblümchen, Zauberstern,
wir wecken dich so gern.
Mit Klang erwacht,
vom Wasser getragen.
die Wellen so sacht,
wollen was Liebes mir sagen.
Hört wie es klingt,
wenn die Klangschale singt.

Dabei wird beobachtet, wie die Blumen sich öffnen. Das dauert meist weniger als eine Minute.

Ältere Kinder können die Blumen und Sterne auch selbst als Überraschung für Mitschüler*innen gestalten und dann in einer meditativen Ruhe, vom Klangschalenspiel begleitet, im Wasser der Schale öffnen lassen.

Das Andenken

Sind die Blümchen und Sternchen aus nicht zu dünnem Papier (normales Druckerpapier 80g reicht völlig aus), können sie problemlos getrocknet und als Andenken oder Glücksbringer bewahrt werden.

Ich wünsche viel Freude bei dieser schönen Übung.

Weitere schöne Spiele mit Klangschalen findet Ihr in meinem Kartenset „30 Klangschalenspiele für Entspannung und Körperwahrnehmung“

Sonnenlauf oder Achterbahn?

Freitagmorgen, 9 Uhr: Kopfhörer auf, Mikrofon an, Meeting eröffnen. Der letzte wöchentliche Morgenkreis mit meiner 3. Klasse. Montag oder Dienstag – je nach Gruppe – sehen wir uns wieder! Es war so eine freudige Stimmung bei den Kindern, dass wir unser Meeting diesmal sogar etwas verlängert haben.

Die Kinder freuten sich und hatten doch viele Fragen. Ich habe ihnen erklärt, dass die Hygieneregeln sich im Vergleich zu Dezember nicht geändert haben – abgesehen davon, dass nur die halbe Klasse vor Ort ist und ich neuerdings eine FFP2-Maske trage.

Freitagnachmittag, kurz nach 16 Uhr: Die Schulministerin verkündet „verschäfte Hygieneregeln“, nach denen die Kinder meiner Klasse auch FFP2-Masken tragen sollen, es sei denn, diese wären noch zu groß. Außerdem dürfen die Masken nicht mehr am Platz abgenommen werden. Heißt: Unterricht mit Mundschutz. Das ist neu. Und das konnte ich nicht mehr mit den Kindern besprechen. Und selbstverständlich gilt es, die Mitteilung vom späteren Freitagnachmittag am Montag direkt umzusetzen. Ich war erst einmal geschockt am Freitag. Die Tatsache, dass die Kinder an ihren festen Plätzen die Masken grundsätzlich nicht abnehmen dürfen, hat natürlich Auswirkungen auf die Gestaltung des gesamten Unterrichts. Ich habe am Montag und Dienstag auch Fachunterricht in den Klassen 1 und 4, für die das genauso gilt.

Die einjährige Achterbahnfahrt

Seit einem Jahr ist nichts mehr wie es war. Oft fühlt es sich an, als käme ein Rückschlag nach dem nächsten. Und es war teilweise ein Jahr auch mit vielen Diskussionen und Auseinandersetzungen, die Kraft kosteten, aber nichts an der Situation ändern konnten. Wie eine Achterbahnfahrt: Kaum wurde es wieder gut, ging es fast im selben Moment auch gleich steil bergab.

Die Sonne geht immer wieder auf

Eine Sache stimmt aber auch: Es gab in diesem vergangenen Jahr auch viel Zuspruch, Zusammenhalt und eine Menge intensive, positive Momente. Irgendwie wundere ich mich auch manchmal über mich selbst, wieviel Kreativität in mir noch steckt, wenn wir wieder neue Rahmenbedingungen, die nochmal enger sind, bekommen. Auch meine Kolleg*innen haben viele tolle Ideen, es gibt einen schönen Austausch untereinander. Da werden unbeschreibliche Kräfte freigesetzt. Woher kommen die?

Keine 24 Stunden nach den Meldungen von gestern, ist mein Plan für Montag geändert und ich hatte auch Ideen, die mich zufrieden stimmen. Woher die auch immer kamen.

Montag beginnt der Wechselunterricht und es soll schön werden für die Kinder. Die Erfahrungen sagen, es wird nicht leichter. Sie sagen aber auch: Wir können alles schaffen.