Die Qualität des Klassenzimmers

Gerade in Zeiten, in denen viel passiert, ist deutlich zu spüren, was an nicht Sichtbarem mit ins Klassenzimmer gebracht wird und was nicht. Und was so ein Klassenraum alles zur Qualität des Miteinanders beiträgt.

Wie geht´s uns denn heute?

Nicht alles wird (sogleich) offen ausgesprochen, doch jeder Schultag beginnt mit der allgemeinen Wahrnehmung: Wie ist unsere Stimmung heute in der Klassengemeinschaft? Müde Augen, Gekicher, vertiefte Gespräche, Rückzug mit und ohne Kapuze auf dem Kopf, freundliche Grüße untereinander… in dem Moment des Hereinkommens wird manch Unsichtbares sichtbar.

An vielen Tagen stehe ich morgens an der Klassenzimmertür und begrüße ich die Kinder einzeln. Ihr „Guten Morgen“, dieser mini Moment, zeigt schon Vieles: Blickkontakt, Stimme, Körperhaltung. Die vielen Einzeleindrücke sind der erste Teil unseres täglichen Miteinanders.

An Tagen mit früher Aufsicht bin ich hingegen oft die Letzte, die den Raum betritt, da unsere liebe Helferin die Kinder dann schon einmal hinein lässt. Wenn ich dann ankomme, trete ich bereits in eine Gesamtstimmung ein, aber ohne Einzelwahrnehmung.

Was ich lieber mag? Mir persönlich liegt es sehr, jedes einzelne Kind einmal kurz wahrzunehmen – auch in Fachstunden, soweit dies möglich ist.

Was sich so zeigt

Eine typische Situation: Wenn ich ein Kind zuvor am Treppenaufgang angelehnt stehen sehe und es noch sehr zurückgezogen und verträumt wirkt, dann aber mit dem Hereinkommen ins Klassenzimmer regelrecht aufwacht, wird spätestens klar: Dieser Raum bedeutet etwas. Hier sind wir unter uns, miteinander vertraut, der Klassenraum ist auch ein Schutzraum. Diese Szene spielt sich morgens vielfach ab.

Und was außen vor bleiben kann und darf

Manchmal kommt es vor, dass man als Lehrerin über familiäre Veränderungen informiert wird mit der Bitte, einen guten Blick auf das jeweilige Kind zu haben. Dies sind sehr hilfreiche Elterngespräche für den Umgang im Schulalltag. Sie helfen, ein Kind in einer besonderen Lage zu sehen und zu verstehen, wenn es selbst noch nicht in Worte fassen kann oder möchte, was gerade geschieht.

Doch kann es aber auch ebenso vorkommen, dass man die angesprochenen Veränderungen an dem Kind erst einmal wenig bemerkt – eben, weil es in der Klassengemeinschaft noch andere Themen gibt und Familienstress tatsächlich außen vor gelassen wird. Oder andersherum fragen sich Eltern, warum ihr Kind eigentlich so wenig von der Schule erzählt. Höchstens mal was aus der Pause.

Farbige Wände

Viele Menschen schmunzeln über die farbigen Wände in Waldorfschulen. Doch sie tragen auch dazu bei, dass Erleben von „drinnen“ und „draußen“ sicht- und spürbarer zu machen.

Klassenraum mit Wohnzimmeratmosphäre?

Es darf sich schon nach Arbeit und Arbeitsplatz anfühlen – bei aller schöner Deko, die wir ja auch pflegen. Manche Sitzordnungen sind auch schnell veränderbar – zu Gruppentischen, mit Platz für Gesprächskreise ohne Tisch dazwischen. Warum nicht. Hat man einen festen Raum, kann man ihn einrichten und gestalten, wie es für die Lerngruppe am besten passt.

Unterricht mit offener Tür?

Viele mögen es, ich in kein Fan. Eben weil ich unseren Klassenraum als Schutzraum mit all seinem Lern-, Arbeits- und Gemeinschaftsthemen gern abgrenzen möchte von dem großen Ganzen, das auch noch um uns herum ist.

Sicherlich kann es durchaus auch vorkommen, dass die Kinder sich in Arbeitsphasen auch außerhalb des Raumes einen ruhigen Winkel für kleine Gruppenarbeiten suchen dürfen. Dann bleibt die Tür für diese Zeit auch geöffnet. Aber grundsätzlich lebt in unserem Klassenzimmer ein vertrautes „Unter uns“. Und viele Dinge bleiben auch dort.

Klassenumzüge

Meine Klasse ist in ihrem jeweiligen Klassenraum regelrecht beheimatet. Und doch beginnt jedes Schuljahr mit einem neuen Raum, der gemeinsam ergriffen wird für alles Neue, was da kommt (neue Wandfarbe inklusive 😉 ). Gemeinsam wird gestaltet, erlebt, gelernt – wieder eine Jahrgangsstufe weiter. Es dauert nicht lange und der Raum wird „unser“ Raum. Natürlich findet auch Unterricht in Fachräumen statt. Dann sucht die Klasse die Lehrperson auf und nicht andersherum. Was natürlich auch kein Problem ist.

Doch das, was die Klassenlehrer:innenzeit ausmacht: Die Bezugsperson, der eigene Raum, das gelebte Miteinander – es braucht eben diese vier Wände. Dort hängen die Kunstwerke und Arbeiten der Kinder, die Klasseninfos, dort hat jedes Kind ein eigenes Fach und einen festen Platz.

Bald ist es übrigens wieder so weit: Wir packen unsere Sachen zusammen und der nächste Klassenumzug wartet… Die Kisten werden gepackt, der neue Raum besichtigt, geplant, geräumt. Abschied und neues Ankommen, wie in jedem Sommer. Wir freuen uns darauf.

Bewegtes Klassenzimmer

Hierzu gibt es einen eigenen Blogartikel, schaut mal vorbei!

Hand, Herz und Kopf

Es sagte einmal die kleine Hand zur großen Hand: „Du große Hand, ich brauche Dich, weil ich bei Dir geborgen bin.“ Es sagte die große Hand zur kleinen Hand: „Du kleine Hand, ich brauche Dich, weil ich von Dir ergriffen bin.“ (nach Gerhard Kiefel). Wie wir unsere Kinder an die Hand nehmen und mit ihnen gemeinsam Wege gehen, gemeinsam tätig werden, gemeinsam erleben, das wirkt ein Leben lang. Ebenso wirken die Hände, in die wir sie vertrauensvoll geben.

Erziehungspartnerschaften sind Beziehungspartnerschaften

Betreuung außerhalb von zu Hause, das Abgeben des eigenen Kindes in andere Hände, bringt große Entscheidungen mit sich. Wo ist der richtige Ort? Wer sind die passenden Menschen, mit denen vertrauensvoller Austausch möglich ist?

Die Entscheidung: Herz und Kopf

Entscheide ich mich für ein Konzept, für ein bestimmtes Umfeld, etwa die unmittelbare Nachbarschaft, oder für konkrete Menschen, bei denen ich ein gutes Gefühl habe? Ist es also eine rationale Entscheidung oder ein Bauchgefühl? Naja, irgendwie beides. Ich selbst kenne ja auch beide Seiten. Die der Mutter, die ihre Kinder in andere Hände geben musste und die der Lehrenden und Betreuenden, die mit Eltern Erziehungspartnerschaften eingeht. Meine Erfahrung zeigt mir bis jetzt, dass neben vielen allgemeinen Grundsätzen doch jedes Kind einen eigenen Entscheidungsprozess in all diesen Fragen mit sich bringt.

Beziehung ist dynamisch

Beziehungen stehen niemals still. Sie bedeuten Arbeit. Arbeit, die einem niemand abnehmen kann. Jede Beziehung, die man neu eingeht, beginnt mit einem gegenseitigen Vertrauensvorschuss, der im besten Falle wächst und sich vertieft. Keine Chance, dabei etwas zu erzwingen, herbeizureden oder sonstwie von außen zu mobilisieren.

Die Stabilität einer Erziehungspartnerschaft zeigt sich daher besonders in Krisenzeiten. Hält man aneinander fest oder verliert man sich? Wenn es um die Kinder geht, wird es (zum Glück!) meist sehr emotional. Weil Gefühle etwas zu sagen haben. Und eben weil wir von unseren Kindern so ergriffen sind. Weil sie uns brauchen, um sich sicher und geborgen zu fühlen. Aber eines ist unumstritten:

Wir Erwachsenen sind dabei immer Vorbild

Unsere Kopfentscheidungen prägen unsere Kinder ebenso wie unsere Bauchentscheidungen. Wir sind ein Vorbild, wenn wir unsere Gefühle ausleben oder unterdrücken. Wir sind ein Vorbild in der Art und Weise, wie wir unsere Beziehungen gestalten und mit anderen Menschen umgehen – sowohl in guten Zeiten wie in schwierigen Phasen. Ob wir schnell Beziehungen aufgeben oder an ihnen festhalten. Wie wir neue Beziehungen anbahnen und alte auf Eis legen.

Gedankenkarussel am Montag.

Warum das Buchstabenlernen Zeit braucht

Eine häufig gestellte Frage: Warum dauert das Schreiben- und Lesenlernen an der Waldorfschule eigentlich länger als üblicherweise an Regelschulen? Die Antwort: Wir nehmen uns einfach die Zeit, denn die Ergreifung unserer alten Kulturtechnik ist ein sehr anspruchsvoller und komplexer Prozess. Dazu lassen wir den Kindern gerade am Anfang viel Zeit, sich auf verschiedene Weise den Buchstaben und Lauten anzunähern, Sprache zu erleben und zu erforschen. Es zeigen sich hier auch die individuellen Lernwege der jungen Lerner, die dann ganz genau beobachtet werden können.

Buchstaben erkennen, Laute hören und zuordnen

Buchstaben sind abstrakt, ihr Aussehen wurde irgendwann festgelegt und einem Laut zugeordnet. Um Lesen und Schreiben zu erlernen, müssen immer wieder einzelne Laute der Sprache herausgehört und mit der Darstellung von Buchstaben verknüpft werden. Andersherum schließt das „Aussehen“ von Buchstaben auch auf einen Laut.

Vom Buchstaben zum Wortbild

Geübte Leser können dann im Laufe der Zeit und auf einen Blick nicht nur Buchstaben, sondern auch Silben, ganze Wörter oder häufig vorkommende Satzbausteine erkennen. Unser Gehirn ist nämlich stets auf das Herausfiltern und Erstellen von Mustern spezialisiert. So prägt sich durch Wiederholung und Übung im Laufe der Zeit eine Art Grundform, ein Bild für jedes einzelne Wort ein, genannt Wortbild. Im Bruchteil einer Sekunde werden dann also gesehene Wortbilder mit den im Gedächtnis abgespeicherten Wortbildern abgeglichen und mit Bedeutung verknüft, ein Automatismus stellt sich ein. Bekannte Worte und Wortbilder werden dadurch deutlich schneller gelesen als unbekannte. Und dies spart uns viel Energie, denn unsere Augen erfassen bald beim Lesen die Wortformen sprunghaft, also von Wort zu Wort. Dabei entsteht beizeiten ein immer schnellerer und gleichmäßigerer Lesefluss.

Über Lese-Rechtschreib-Schwäche

Andersherum: Sind Wortbilder noch nicht oder nur in geringer Menge angelegt, verbrauchen wir beim Lesen und Schreiben durch kleinschrittige Einzelarbeit viel Energie – und das ermüdet. Eine Schwierigkeit, die Kinder mit Lese-Rechtschreib-Schwäche haben, ist daher die Bewältigung von bestimmten Arbeitspensen. Neben den visuellen und auditiven Fähigkeiten und der persönlichen Gedächtnisleistung sind auch die Konzentrationsfähigkeit sowie die Erreichbarkeit der Kinder über ihren individuellen Lernzugang, ein Einflussfaktor beim Lernen. Ziemlich komplex, oder? Warum sollte man sich also nicht die Zeit dafür nehmen, kleine Kinder in Ruhe auf das Lesen und Schreiben vorzubereiten?

Die Lernzugänge der Lernenden

Es gibt verschiedene Lernzugänge, über die wir als Lernende erreichbar sind. Meist entwickeln sich aber ein oder zwei Schwerpunkte, die dann als Lerntypen bezeichnet werden. Ich schildere an dieser Stelle meine eigene Wahrnehmung und Erfahrung:

Auditive Lerner hören die einzelnen Sprachlaute sehr gut heraus, brauchen aber etwas mehr Zeit, diese auch als Bild und später Wortbild abzuspeichern. Sie sprechen sich selbst beim Schreiben die einzelnen Wörter meist langsam, laut- und silbenweise, vor – so, wie sie sie hören. An das Aussehen der Wortbilder erinnern sie sich nicht immer sicher. Sie müssen dann für sich die Wörter nochmals „anhören“ und von dem Gehörten ableiten (da nur etwa 60 % unseres Wortschatzes „Hörwörter“ sind, entstehen dadurch mit der Zeit leider viele Rechtschreibfehler).

Die haptisch-kinästhetischen Lerner finden ihren Zugang durch Anfassen und Fühlen. Hier hilft es den Kindern beispielsweise, Buchstaben mit einem Seilchen, Schneckenbändern oder Fäden zu legen und nachzufühlen.Auf Sandtabletts zu schreiben, Buchstaben oder Wörter nachzukneten oder mit Tasttäfelchen nach Montessori arbeiten zu dürfen. Kinder mit höherem haptisch-kinästhetischen Lernanteil haben während des Unterrichts oft Dinge in der Hand, die sie fühlen. Es steckt also beim Herumspielen mit Stiften, Radiergummi usw. nicht unbedingt immer ein „Ablenkungsmanöver“ dahinter – eventuell hat es einfach mit dem individuellen Lernzugang zu tun. Ich habe u.a. auch ein Fühlmemory, mit dem ich auf spielerische Weise Hinweise darüber bekomme, ob ein Kind in höherem Maße haptisch-kinästhetisch lernt. (z.T. Affiliate Links)

Kognitiv-intellektuelle Lerner lernen das Schreiben bevorzugt durch Lesen, das sie geduldig üben und die korrekte Rechtschreibung anhand von Regeln, die sie sich bald zuverlässig merken und gezielt anwenden können. Sie mögen übrigens den klassischen Frontalunterricht und finden offene und freie Arbeitsphasen manchmal eher verwirrend. Klare Abläufe, Erklärungen und Strukturen sind ihnen lieber. Dennoch lassen sie sich gern auf alles Andere ein, checken aber sicherheitshalber hier und dort noch einmal ihre Lernstation ab.

Kommunikative Lerner brauchen ihr Gegenüber zum Lernen. Sie lernen besonders gut, wenn jemand ihnen die Inhalte spiegelt, sie durch Nachfragen angeregt werden oder selbst nachfragen können. Vor allem, wenn andere Kinder ihnen in eigenen Worten etwas erklären, lernen sie am besten – und am liebsten. Sie profitieren sehr von Partnerarbeit.

Bewegungsfreudige Lerner

Hier werden die Buchstabenpfade balanciert, über gemeinsam gelegte Seilchen oder sogar die Bänkchen des bewegten Klassenzimmers. Die sehr bewegungsfreudigen Lerner klatschen und stampfen auch gern die Silben, bewegen sich mit passenden Gesten zu den Sprüchen der Buchstabengeschichten.

Sollte dann besser mal ein Lerntypentest gemacht werden?

Ihr merkt, es braucht einige Zeit und verschiedene Lernzugänge, um das fließende Lesen und eine korrekte Rechtschreibung zu erlernen. Man muss aber nicht mit jedem Kind einen Lerntypentest durchführen. Lehrer:innen erkennen normalerweise die verschiedenen Lerntypen und gestalten ihren Unterricht ohnehin so, dass die Kinder auf verschiedene Weise angesprochen werden.

Zurück zu Waldorf`s langem Weg des Buchstabenlernens

So arbeiten wir im Allgemeinen:

  • Ein Buchstabe wird mit einem Bild in Verbindung gebracht, dazu wird eine Geschichte erzählt, die den dargestellten Laut besonders häufig enthält und hörbar macht. Meist sind die Geschichten von kleinen Verschen begleitet, die sich schnell einprägen und mitgesprochen werden können. Das Bild zu der Geschichte und dem Buchstaben wird von den Kindern ins Heft gemalt.
  • Am nächsten Tag wird die Geschichte mit eigenen Worten wiederholt, die Verschen gesprochen und aus dem Anfangsbild der Buchstabe herausgearbeitet. „Wer hat uns das K gebracht?“ – „Der König!“ Die Kinder üben nun die Schreibweise des Buchstabens auf dem Sandtablett, kneten ihn, legen ihn ganz groß mit Seilchen in den Sitzkreis, balancieren dann darüber usw. Auch werden weitere Wörter gesucht, die mit diesem Buchstaben beginnen, ihn enthalten oder auf ihn enden. Laut und Bild werden auf vielfache Weise erlebt. Der Buchstabe wird anschließend groß ins Heft gemalt.
  • Wieder am nächsten Tag werden die Verschen gesprochen, die Buchstaben nun in Reihen in das Heft geschrieben und eine neue Buchstabengeschichte bzw. die Fortsetzung der Geschichte mit einem anderen Buchstaben kommt dazu. 
  • Sobald die ersten Buchstaben da sind, werden auch Wörter gebildet und gelesen. Ich habe zuerst die Vokale eingeführt und dann die ersten Konsonanten, mit denen man schon einige Worte bilden konnte, z.B.ab dem M war zu lesen und zu schreiben: MAMA, OMA, AM, IM, MIA, UM usw.

Es gibt dabei übrigens keinen vorgeschriebenen Plan, welcher Buchstabe wann dazu kommt und ob die kleinen Buchstaben bereits parallel oder erst später erlernt werden. Es liegt in der Einschätzung der Lehrkraft zu erkennen, wie sie ihre Lerngruppe am besten unterrichten kann und ihr dann zu geben, was sie braucht. Mein Eindruck ist inzwischen, dass viele Kolleg:innen dazu übergegangen sind, zugleich die kleinen Buchstaben mit einführen. Es gibt gute Gründe, dies zu tun und ebenso auch Gründe, es zunächst bei den Großbuchstaben zu belassen und ihnen später die Kleinbuchstaben an die Seite zu stellen.

Und wann kann man von LRS sprechen?

Wie angedeutet, sind manche Lerntypen etwas „anfälliger“ für bestimmte Rechtschreibfehler – oder brauchen schlicht und ergreifend etwas mehr Zeit, um das Lesen und Schreiben auf ihre Weise zu erlernen. Ob und welche Form einer Teilleistungsschwäche in diesem Bereich tatsächlich vorliegt, zeigt sich im Laufe der ersten Schuljahre. Da wir an der Waldorfschule eben mehr Zeit für die Erarbeitung der Grundlagen einplanen, ist begleitend eine sorgfältige Beobachtung der Lehrkraft möglich und wichtig. Wer vergisst schnell, wie die Buchstaben aussehen? Wer schreibt spiegelverkehrt? Wie ist es um die Lateralität (Händigkeit) bestellt? Weitere Ausprägungen zeigen sich nach einiger Lese- und Schreibpraxis. Hinzu kommen die individuelle Merk- und Konzentrationsfähigkeiten. Bestimmte Fehler sind anfangs normal und gehören in den Gesamtprozess. Hier helfen interessierte Gespräche über die Schreibweise. Die Erklärungen der Kinder und das selbständige Nachdenken über Rechtschreibstrategien sind ebenfalls wichtig beim Erlernen der Schriftsprache und liefern weitere Erkenntnisse. Ein individueller Blick ist also immer auch wichtig – Zeit lassen: Ja. Aber wiederum nicht warten, bis sich ein Kind selbst als Schlusslicht der Klasse wahrnimmt.

Fazit:

Schule und Elternhaus brauchen einen regelmäßigen Austausch!

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Goldtröpfchenöl Update

Mein Blog ist ein Produkt des Lockdowns und hat sich seitdem ganz wunderbar entwickelt. Einer meiner ersten Beiträge widmete sich dem Goldtröpfchen Ritual. Ich habe ihn nun „coronafrei“ überarbeitet. Uneingeschränktes Goldtröpfchen: Go!

Hier kommt Ihr direkt zum Bericht.

Ich schaue regelmäßig über meinen wachsenden Blog und pflege ihn liebevoll 🙂 Solltet Ihr Eurerseits auf andere Berichte stoßen, die nach einem Update rufen, meldet Euch gern bei mir.

Ich danke Euch für sehr für`s Lesen und viele liebe Emails!

Über die Magie des Neuanfangs

Ich mag das Gefühl des Neuanfangs ebenso gern wie das verlässliche Gefühl von Vertrautem. Vielleicht bin ich auch deshalb Lehrerin geworden: So habe ich gleich zwei Neuanfänge im Jahr – das neue Schuljahr und das neue Kalenderjahr, dazu viel Vertrautes, Verlässliches.

„…. es ist so wenig äußere Veränderung dafür nötig, denn wir verändern ja die Welt von unserem Herzen aus, will dieses nur neu und unermesslich sein, so ist sie sofort wie am Tage ihrer Schöpfung und unendlich.“

Rainer Maria Rilke

Ich beginne das neue Jahr mit einer neuen Staffel „Märchen mit Klang“ und dem Märchen von der geschenkten Zeit.

Ansonsten gibt es kleinere Rituale, die wir an Neujahr als Familie pflegen. Es wird ein ruhiger erster Tag.

Tag 1

Es ist die Seite 1 des 365-seitigen, unbeschriebenen Buches, die Perle 1 der Jahreskette, die Botschaft 1 im Jahresglas.

Ich wünsche Euch einen schönen ersten Tag!

Wenn viele kleine Menschen viele kleine Dinge tun…

Wie Ihr wisst, liegt mir das Thema Nachhaltigkeit sehr am Herzen. Auf meiner Hamburgreise habe ich dazu ein langes Gespräch mit Marianus von Hörsten geführt. Marianus ist 30 Jahre alt, ehemaliger Waldorfschüler und auf einem Demeterhof aufgewachsen. Gemeinsam mit einem Partner betreibt er in Hamburg das Restaurant Klinker. Als Koch wurde er u.a. zum besten Jungkoch der Welt gekürt. Er ist Klimaaktivist und hat gerade sein Geografiestudium mit sehr guten Noten abgeschlossen. Bei der ARD ist seine Dokureihe „The Green Garage“ zu sehen. Ich habe bereits Folgen seiner Reihe in meinem Unterricht eingesetzt. Sie erreichen und bewegen die Jugendlichen. Nun möchte ich Euch ebenso einladen, Marianus´ nachhaltige Wege kennenzulernen.

Das Interview mit Marianus

Wir haben lange und intensiv gesprochen, auch für „Kaffee, Kreide, Morgenspruch“. Ich habe mich entschieden, keinen „klassischen“ Blogbeitrag zu schreiben, sondern das Interview hier abzubilden. Ich möchte Marianus dabei zu unterstützen, möglichst viele Menschen zu erreichen. Macht Euch ein Bild, schaut The Green Garage und lasst Euch inspirieren.

Marianus, wie bist Du aufgewachsen und wie kamen die Themen Nachhaltigkeit und bewusster Konsum zu Dir?

Ich komme aus der Lüneburger Nordheide von einem Demeter Bauernhof. Und ich glaube, da ist es relativ logisch, wo die Nachhaltigkeit herkommt: Von den Eltern. Lebensmittel hast Du nicht verschwendet, weil Du wusstest, was es für eine Arbeit ist, sie dem Boden abzuringen. Das ist wohl der einfachste, kurz zusammengefasste Umgang damit.

Wie kam es zu Deinem Projekt „The Green Garage“?

Ich hatte im Lockdown sehr viel Zeit, weil unser Restaurant ja geschlossen war, und da hatte ich die Idee. Weil ich es schwierig finde, dass diese ganzenThemen, die uns beeinflussen und die wir ja selbst beeinflussen können, immer so fatalistisch in der öffentlichen Darstellung präsentiert werden. Das fand ich schade und dachte, es wäre cool, mal die Möglichkeit zu haben und zu schauen: Was kann ich denn in meinem kleinen Kosmos anders machen, dass es besser läuft.

Dann habe ich mich mit einem Produzenten zusammengesetzt und wir haben es der ARD vorgeschlagen. Dort wurde es angenommen und wir haben es produziert. (Anm.: Aktuell läuft schon die zweite Staffel.)

Du gehst bewusst mit Lebensmitteln um und gehst konsequemt Wege, Lebensmittelverschwendung zu minimieren. Du hast einen gastronomischen Betrieb – wie funktioniert es da?

Dadurch, dass wir eine sehr kleine Karte fahren und immer alles frisch machen, haben wir so gut wie keine Lebensmittelverschwendung. Wir schmeißen sehr, sehr, wenig weg, nur wenn etwas schlecht wird. Und das ist in den dreieinhalb Jahren, in denen wir am Markt sind, erst zweimal passiert. Dazu kommt, dass wir aus allen Produkten das Maximale herausholen. Aus einer Karottenschale, aus einer Zwiebelschale, aus einem Sellerieabschnitt, daraus kannst du immer noch Gemüsefond kochen. Und den Fond kannst du zum Aufgießen für dein richtiges Gericht nehmen. So kannst du aus jedem Teil das Maximum herausholen und das ist der erste Punkt.

Bei tierischen Produkten, die wir nur sehr wenig verarbeiten – wobei wir mehr Butter und Milch verwenden und weniger Fleisch, aus Gründen – da sind wir noch viel penibler. Wir haben auch nur zwei Gerichte mit Fleisch auf der Karte, der Rest ist vegetarisch. Knochen werden dreimal ausgekocht, das Fett wird auch zum confieren von anderen Lebensmittel verwendet, dass es saftiger bleibt und mehr Geschmack daran ist. Wir holen aus dem Tier das Maximale heraus, dass es, bei allem, nicht umsonst gestorben ist.

Wie kalkulierst Du denn die Mengen? Du arbeitest ja auch nicht mit Reservierungen im Restaurant…

Das ist richtig. Bei den Mengen haben wir inzwischen Erfahrungswerte und daran halten wir uns. Wir wissen, dass wir pro Abend eine bestimmte Anzahl des einen und des anderen Gerichts verkaufen. Es gibt Gerichte, die gehen immer gut und es gibt Gerichte für die ambitionierten Esser:innen. Aber auch das ist ja unser Job, den Leuten zu zeigen, was man aus bekannten Lebensmitteln noch alles so machen kann. Und am Ende des Tages sagen wir lieber: `Was aus ist, ist aus.´ Wir produzieren lieber so viel, dass wir wissen, wir bekommen diesen Schnitt, den wir immer haben. Und gerade am Freitag, sind schnell mal Gerichte aus, weil wir ja am Wochenende schließen. Das ist genau das, was wir wollen. So machen wir es am Montag wieder frisch.

Es ist nicht nur spannend, wie achtsam Ihr mit den Lebensmitteln umgeht, die Ihr verarbeitet, sondern auch den innovativen Weg, die Arbeitsbedingungen in der Gastronomie zu verändern, finde ich sehr beachtlich. Eure Öffnungszeiten sind auch sehr speziell. Beschreibe doch einmal, was ihr sonst noch anders macht und wie es dazu kam.

Ich glaube, viele Dinge aus unserem Alltag sind irgendwie nur ausgedacht oder durch Mindsets geprägt. Wer sagt denn, dass man nur samstags essen geht oder am Sonntag. Mein Geschäftspartner und ich kommen aus der Sternegastronomie, hatten irgendwann keinen Bock mehr und sind dann andere Wege gegangen. Dann haben wir uns gesagt: Wenn wir wieder in der Gastronomie arbeiten wollen, dann müsste sie sich stark verändern. Das wird kein anderer für Dich machen. Also gibt es für Dich die Möglichkeit: Entweder, du nimmst die Missstände hin, du veränderst sie oder du gehst. Wir sind erst gegangen, haben andere Sachen gemacht und uns dann gedacht: Nein, wir verändern es jetzt. Und wir machen es nachhaltig. Nachhaltigkeit teilt sich in unserer Wahrnehmung in drei Teile auf: Ökologisch, ökonomisch und sozial.

Die ökologische Nachhaltigkeit ist uns wohl allen ein Begriff. Wir kaufen gute Lebensmittel, die gut für den Boden, gut für die Produzent:innen, gut für das Klima usw. sind.

Ökonomisch ist aus wichtig: Wenn wir das alles nicht bezahlen können, können wir es auch lassen.

Dann ist da noch das Soziale. Und das ist ein Bereich, der in der Gastronomie oft vernachlässigt wird, auch wenn sich gerade viel tut. Viele Menschen fangen gerade an nachzudenken, weil sie schlicht und ergreifend kein Personal mehr finden. Das ist aber nur Reaktion und nicht Agitation. Die Menschen kommen auf Ideen, weil ihnen Missstände offengelegt werden. Es ist traurig, dass es immer so funktionieren muss, aber so ist es nunmal. Und wir haben gesagt, wir wollen es anders machen. Wir hatten zum Beispiel einen Mitarbeiter, der gerne am Wochenende Fußball spielen wollte und wir haben gesagt: Gut, wir machen dann am Wochenende immer zu. Das kam uns natürlich auch entgegen, denn wir wollen ja auch am Wochenende unseren Freudeskreis haben und unser Team halt auch.

Und so machen wir Gastronomie nicht wirklich anders als vor 100 Jahren, aber anders als noch vor 10 Jahren, indem wir ganzheitlich denken.

Zum Thema Fleischkonsum….

Wir kaufen ganze oder halbe Tiere, d.h. wir haben auch viele Teile, die eine differenzierte Verarbeitungstechnik benötigen. Was aber in der Gastronomie auch nicht mehr beigebracht wird. Heutzutage ist es so: Wenn ich Filet auf die Karte nehme, dann kaufe ich kein ganzes Tier, sondern einen Fleischbeutel. Was damit einher geht, ist ein unheimlicher Wissensverlust für die Auszubildenden. Wir müssen unser Wissen an die Leute weitergeben, die jetzt nachkommen. Das bedeutet auch, dass sie sehen, wie Tiere geschlachtet werden. Denn nur, wenn Du siehst, dass Du ein Leben nimmst für den Konsum, dann kommst du zu einem Bewusstsein.

Man hört im Pausenhoftalk `Die Menschen wissen gar nicht mehr, dass die Tiere für das Fleisch sterben müssen.´ – Doch, das wissen sie schon, aber sie sehen es nicht. Und so funktioniert es mit allem: Aus den Augen, aus dem Sinn. Und an dieser Stelle muss man das Wissen weitergeben: Das Tier stirbt jetzt. Verarbeite es mit Anstand und einer Portion Respekt und sieh vor allem zu, dass du es komplett verarbeitest.

Dann ist es automatisch auch ökonomisch. Denn wenn ich so ein Tier im Ganzen kaufe und klug genug bin, alle Teile zu verarbeiten, dann geht auch der Einkaufspreis rapide herunter. Ich kaufe ein Demeter Tier. Ist zwar mehr Arbeit, ich habe aber sämtliche Abschnitte, die ein Fleischbeutel nicht hat. Die beim Schlachter im Fleischwolf landen und als Hackfleisch verkauft werden. Auch die vielen Knochen kann ich alle auf verschiedenste Weise verarbeiten.

Und die Tiere, die Ihr einkauft, kommen aus dem Umland?

Ja, wie fast alle Lebensmittel. Wir kaufen auch nur aus Landwirtschaft, wo mit dem Boden gut umgegangen wird.

Du gehörst auf jeden Fall in die Ausbildung!

Wir bilden auch aus. Von Anfang an haben wir ausgebildet. Das hört auch zur Nachhaltigkeit.

Ja total. Ich finde auch, wenn man so einen Weg geht, der innovativ aber noch selten ist, dann ist es besonders wichtig, dass Du Dein Wissen auch weitergibst.

Und es ist wichtig, dass es genügend Leute gibt, die es auch mitmachen. In Hamburg gibt es viele Gastronomen, die einen sehr guten Job in der Ausbildung machen, einen sehr guten Job in der Produktbeschaffung machen und sehr innovativ sind. Die sollte man unterstützen, da sollte man hingehen und mit denen sollte man ins Gespräch gehen und auch deren Stimme hören.

Das Bewusstmachen gehört unbedingt dazu. Als ich The Green Garage gesehen habe, ist mir auch an vielen Stellen nochmal klar geworden, was wir durch den Konsum, die Globalisierung der letzten Jahrzehnte, an Wissen über nachhaltiges Handeln verloren haben.

Es geht bei der Sendung aber nicht darum, den Zeigefinger zu erheben. Es geht darum zu sagen: Es gibt Möglichkeiten, bei denen Du was machen kannst. Wenn nur jeder Zweite oder Dritte, der die Sendung guckt (Anm.: Bei einer Verweildauer von ca. 97 %), irgendetwas an seinem Konsumverhalten ändert – und wenn er nur im Winter keine Tomaten mehr kauft – dann hat der Einkauf an sich gar nicht wehgetan, man hat aber etwas Gutes für das Klima getan. Und es war so einfach.

Und wenn Du dann beim Einkauf Deiner Klamotten auch noch überlegst: Brauche ich eigentlich schon wieder eine neue Jeans? – dann hast Du schon etwas verändert und einen guten Job gemacht.

Es ist nicht Deine Schuld, dass die Welt ist, wie sie ist – es wäre nur Deine Schuld, wenn sie so bleibt!

Du brauchst keinen CO2-Erlass zu kaufen, mache Dir einfach die kleinen Dinge bewusst. Wir brauchen keine statischen Lösungen (Anm. gemeint sind CO2-Zertifikate, Nachhaltigkeitssiegel und -Apps) für dynamische Probleme. Probleme zu lösen bedeutet, sie zu verstehen. Was wir nicht tun. Wer versteht schon unser global vernetztes System in Gänze. Wir haben auch Lebensräume, die wir nicht erforscht haben.

Die Darstellungen und Denkanstöße bei The Green Garage sind dazu sehr gelungen..

Ich kenne ja auch nicht die Lösung der globalen Probleme. Aber ich glaube, dass die Ansätze, die wir da vertreten, so schlecht nicht sein können. Jedenfalls machen sie Welt nicht zu einem schlechteren Ort.

DANKE für Deinen Einsatz auf so vielen Ebenen, Marianus!

Ich habe mit Marianus auch noch für Kaffee, Kreide, Morgenspruch über seine Zeit als Waldorfschüler gesprochen und wie er heute auf seine Schulzeit schaut. Auf dieses Interview dürft Ihr Euch zeitnah freuen!

Die Fotos für diesen Beitrag wurden mir von Marianus von Hörsten zur Verfügung gestellt.

Die Mitte der Kindheit

Nachdem sich die große Aufregung um den neuen Lebensabschnitt „Schulkind“ gelegt, die Kinder ihre ersten Schuljahre gemeistert haben und weiter herangereift sind, tritt ab dem dritten Schuljahr bald eine große neue Veränderung ein, die im vierten Schuljahr vollendet wird: So wie Caesar den Rubikon überschritt und keine Rückkehr mehr möglich war, beenden die Kinder einen ersten Abschnitt ihrer Kindheit unwiederbringlich.

Eine nahezu plötzliche Veränderung

Oft geschieht es rasch: Ein Kind, das immer so fröhlich gespielt hat, wirkt auf einmal ernst und in sich gekehrt. Auch der Blick hat sich verändert. Wir werden genau angesehen, fast geprüft. Die natürliche Nachahmung verschwindet, die Dinge werden nicht mehr einfach so hingenommen. Fragen entstehen, das Gerechtigkeitsgefühl erstarkt, es wird hinterfragt, was vorher selbstverständlich war. Gefühle geraten ins Schwanken.

Diese plötzliche Veränderung zieht einen neuen Prozess nach sich, auf den sich Eltern einstellen sollten.

Was ist geschehen?

So wie im dritten Lebensjahr das Bewusstsein für die eigene Persönlichkeit erwacht und die Kinder anfangen, zu sich selbst „Ich“ zu sagen, erwacht jetzt das gefühlsmäßige Erleben der eigenen Persönlichkeit, des eigenen Schicksals. Aus dem fröhlichen Hier und Jetzt wird ein fragendes „warum bin gerade ich genau hier?“ und „wo komme ich her?“ Das führt auch dazu, dass die Kinder sich manchmal unverstanden fühlen und verletzlicher sind.

Neue Situationen

Manche Kinder hinterfragen bei kleineren Streitigkeiten in der Familie mitunter ihr Zuhause, wollen weglaufen, packen sogar schon ihren Koffer. Andere wollen alles über ihre Schwangerschaft und Geburt wissen oder äußern die Frage, ob sie adoptiert sind. Sie betrachten sich ausgiebig im Spiegel und bemerken: Das bin ich – und doch wieder nicht.

Neben Kindern in Krisenstimmung gibt es aber auch nicht wenige Kinder, die in diesem Abschnitt, der Mitte der Kindheit, ganz neue Lebensenergie verspüren und eine große Tatkraft und Entdeckerfreude entwickeln. Dies passt dann auch zu dem größeren Wachstumsschub, der sich in diesem Alter vollzieht.

Veränderte Bedürfnisse und die Antwort der Waldorfpädagogik

Diese Veränderung der Kindheit führt auch zu veränderten Bedürfnissen. Die Kinder benötigen jetzt

  • eine noch intensivere Gesprächskultur mit Erwachsenen, die ihnen aufrichtiges Interesse entgegenbringen und mit ganzem Ohr zuhören.
  • eine Fehlerkultur, die nicht angstbehaftet ist, sondern die aus Fehlern einen Erkenntnisgewinn zieht.
  • Erwachsene, die Versprechen halten und die ebenso darauf achten, dass auch die Kinder sich an Verabredungen halten.
  • viel künstlerische Betätigung und kreative Entfaltung. Oft ist dies ein guter Zeitpunkt, um ein neues Instrument zu lernen.
  • Naturerlebnisse, Entdeckung der Pflanzen, Pflege der Tierliebe. Die Kinder entwickeln einen neuen Blick in die Welt!
  • Die eigenen Kräfte spüren: Das Alter ist ideal, um neue Sportarten und Freizeitaktivitäten zu entdecken.
  • Freundschaften pflegen: Jetzt bekommen Freundschaften eine neue Tiefe und Wichtigkeit. Wessen Freund:in bin ich? Mit wem kann oder möchte ich gern befreundet sein? Dazu brauchen die Kinder Gelegenheit, unverplante Zeit miteinander zu verbringen.

An der Waldorfschule plant der/die Klassenlehrer:in nun Epochen, die inhaltlich an diesen Bedürfnissen anschließen. Hier einige Klassiker: Die Ackerbauepoche – wieviel Arbeit an der Erde und der Ernte stecken in unserem Brot? Bruchrechnen – die ganzen Zahlen gehen zu Bruch und werden auf neue Art entdeckt. Heimatkunde – mein Zuhause, meine Stadt, meine Region. Erste Grammatik – unsere Sprache wird erforscht.

Was folgt nach der Mitte der Kindheit?

Ab dem 12. Lebensjahr bemerkt man eine körperliche Schwere, begleitet von weiteren Wachstumsschüben. Die Vorpubertät setzt ein, die Hormonproduktion läuft. Die Kindheit neigt sich allmählich dem Ende zu. Nun ist es wichtig, dass wir in der Mitte der Kindheit viele gute Dinge angelegt haben, von denen die Kinder auf dem Weg zum Erwachsenwerden zehren können. Denn sie stehen bald auf eigenen Beinen.

Weitere Artikel auf dem Montagsblog zum Thema Rubikon und Mitte der Kindheit

Meine Elterninfos als YouTube Clip

Über die Rubikon-Geschichte „Yoga, Mond & Sterne“

Erzählstoff aus dem 3. Schuljahr der Waldorfschule

Das zweite Jahrsiebt

Inforeihe „Die Schulreife“

Bei Instagram hat sich eine Reihe von Waldorfpädagog:innen zusammengefunden, um das Thema „Aufnahme an der Waldorfschule“ und Schulreife von verschiedenen Seiten aus zu beleuchten. Auch ich möchte dies auf meinem Blog begleiten, teilweise darf ich mich auch über Gast-Autor:innen freuen.

Der Einstieg

Als erstes gibt Kerstin Gruler-Fuchs, die schon einmal einen Gastbeitrag für meinen Blog zum Thema Kinderbücher geschrieben hat (inzwischen ist ihr eigenes Buch „Des Jahres bunte Kinder“ erschienen), einen Einstieg:

Schulwahl und Einschulung sind Themen, welche durchaus auch die Gemüter erhitzen können, Sorgen bereiten, Lebenslinien beeinflussen und die gleichzeitig von einem ganz natürlichen Prozess begleitet werden…. der Schulreife.

  • Wann ist mein Kind schulreif und was geht der Schulreife vielleicht sogar voraus? Und was haben der Zahnwechsel und der Körperbau des Kindes damit zu tun?
  • Wie sieht eigentlich so eine Aufnahme an der Waldorfschule aus? Kann ich mich vorbereiten? Und was ist, wenn mir eine Rückstellung empfohlen wird oder wir keinen Schulplatz bekommen?
  • Gibt es Literatur für mich, wo ich das nachlesen kann?
  • Ist die Waldorfschule nicht für alle Kinder die beste Schule?
Das sind die Themen unserer Inforeihe

Diese Fragen und noch mehr haben wir für Euch bewegt. In den kommenden Tagen könnt Ihr dazu hier und bei Instagram auf folgenden Profilen nachlesen: @waldorf.mama, @wachsmalbloeckchen, @waldorf.inklusiv, @waldorf.klassenlehrerin, @beziehungskunst.weimar und bei mir: @waldorf.lehrerin

Auch mein Kalender ist bereits wieder mit Kennenlernterminen gefüllt

Aktuell führen meine Kollegin und ich alle Erstgespräche mit den Familien, die ihr Kind an unserer Schule angemeldet haben. So findet ein erster Kontakt auf sehr persönlicher Ebene statt, die Kinder spielen und malen mit uns und wir lernen dabei die Familien erstmals kennen. Auch individuelle Fragen können in diesem Rahmen ganz in Ruhe besprochen werden.

Anschließend gibt es auch an unserer Schule noch ein größeres Treffen, bei dem alle Kolleg:innen aus dem Klassenlehrerbereich mitwirken. Wir haben dann weitere Informationen für die Eltern und die Kinder erleben in einer Gruppe das gemeinsame Spiel, Geschichten und Aquarellmalen. Danach haben alle, die unsere Schulgemeinschaft bilden (möchten), ein erstes Bild des Miteinanders gewonnen und können noch einmal ganz in Ruhe in sich gehen.

Die neue erste Klasse fügt sich also in diesem Prozess zusammen.

Eure Fragen

sind mir wie immer auch sehr willkommen. Daraus ergeben sich ja oft auch neue Themen, die viele interessieren. Hier kannst Du mir schreiben:

Unsere Reise zum Goetheanum

Nach der Hamburgfahrt war ein zweites Highlight in diesen Ferien eine dreitägige Fahrt in die Schweiz mit einer lieben Freundin. Wir haben auf eigene Faust und ganz in Ruhe das Goetheanum besucht, das Gebäude und die gesamte Umgebung dabei auf uns wirken lassen. Ein Rückblick mit großer Zufriedenheit.

Was ist eigentlich das Goetheanum? – Geschichtliches

Das Goetheanum ist eine freie Hochschule, Tagungs- und Arbeitsort der anthroposophischen Gesellschaft. Hier wirkte (und wirkt noch heute nach) Rudolf Steiner, auf dessen Menschenkunde auch unsere Waldorfpädagogik zurückgeht.

Nachdem die anthroposophische Gesellschaft ihre Vorträge und Tagungen zunächst in verschiedenen externen Gebäuden hatte stattfinden lassen, entstand in der Konsequenz und mit der Zeit der Wunsch, der Geisteswissenschaft eigene Räume zu geben, die ihr einen passenden Ausdruck verleihen und in denen sie wirken kann. So entwarf Rudolf Steiner den Plan für das erste Goetheanum. Nach der Bauzeit von 1913 – 1920, ohne Bankkredite (nur durch Spenden und Legate finanziert) und mithilfe vieler Freiwilliger aus 16 verschiedenen Nationen, entstand auf dem „Hügel“ in Dornach das erste Goetheanum.

Zerstörung und Wiederaufbau

Leider fiel die Konstruktion, die in weiten Teilen als Baustoff Holz verwendet hatte, nach recht kurzer Zeit, in der Silvesternacht 1922/23, einer Brandstiftung zum Opfer. Die völlige Zerstörung dieses jahreslangen Kraftaktes führte zu einer großen Krise mit anschließender Erneuerung – sowohl der Anthroposophischen Gesellschaft, als auch des Bauvorhabens.

Während der Gründungsversammlungen der neuen Gesellschaft entstanden die ersten Vorstellungen und Pläne für den Wiederaufbau. Durch diese Veränderung und auch aufgrund des enorm geänderten Zeitgeists nach dem ersten Weltkrieg sah man davon ab, das Goetheanum in der gleichen Weise und äußeren Gestalt wieder aufzubauen, sondern es entstand ein neuer Entwurf.

Inzwischen war auch als neuer, moderner Baustoff Eisenbeton verfügbar. Aus Brandschutzgründen und ästhetischen Gesichtspunkten (es ist flüssig in jede Form zu gießen) wurde dieser Baustoff gewählt. Das Richtfest am Michaelitag des Jahres 1926 erlebte Rudolf Steiner aber nicht mehr.

Der Anthroposophie ein Aussehen verliehen

Im Goetheanum treffen Farben- und Formenlehre, aber auch philosophisch-weltanschauliche Inhalte in künstlerischer Form aufeinander. Es ist ein Gesamtkunstwerk, das sich kaum beschreiben lässt. Die Gestaltung der Räume bis hin zu aufwändigen Deckenmalereien und farbigen Glasfenstern, die durch den Einfall der Sonne farbige Schatten an Säulen und Wänden hinterlassen. Die verschiedenen Skulpturen aus Holz und Gestein, die Gemälde. Jede einzeln künstlerisch gestaltete Tür. Die Farbverläufe an den Treppenaufgängen. Die frischen Blumen in fast jedem Raum. Alles das macht das Goetheanum zu einem großen ganzheitlichem Erlebnis auf vielen Ebenen, eine Atmosphäre, die ihresgleichen sucht.

Hier ist eine Galerie mit Eindrücken. Nicht alle Bereiche sind zum Fotografieren freigegeben.

Weitere Gebäude auf dem Gelände

Das wirklich Faszinierende war für mich zu erkennen, wie sich die einzelnen Gebäude einerseits harmonisch in das Gesamtbild der Umgebung einfügen und andererseits auch ihre Bestimmung nach außen tragen. Allen voran das Heizhaus: Die Flammenform um den Kamin herum, zwei Kuppeln dem Goetheanum zugewandt, inmitten passender Begrünung.

Das Heizhaus

Das Gärtnerhaus

Das Trafohaus

Die Kolonie und die Umgebung

Im Laufe der Jahre wurde immer mehr Wohnraum, auch sozialer Wohnraum, Gäste- und Studentenunterbringungen, geschaffen und architektonisch passend umgesetzt. So kann man heute auf vier verschiedenen Architekturpfaden auf dem „Hügel“ wandern und staunen. Was mir besonders gut gefallen hat, war auch der gemeinsame Raum von Mensch und (Nutz-) Tier. Auf den Grünflächen der Siedlung trifft man Kühe, Schafe und Esel an.

Das alles ohne Führung? Literaturtipps und was sonst noch zu beachten ist

Wir sind einfach losgezogen, haben gestaunt und entdeckt. Begleitet haben uns insbesondere drei verschiedene Bücher, die alle unsere Fragen beantwortet und uns zu verschiedenen Zielen geführt haben. Die Titel lauten:

(Quellennachweis und Werbung, da Verlinkung. Ich bekomme keinerlei Provision für diese Verlinkung, möchte aber in diesem Blogbeitrag gern den Glomer Buchversand unterstützen.)

Öffnungszeiten beachten

Das Goetheanum war von 9 – 20 Uhr geöffnet (Stand Oktober 2022) und man kann selbst herumgehen. Manche Bereiche werden allerdings beaufsichtigt und sind dann nur zu bestimmten Zeiten zugänglich. Hier der Link zu den Besichtigungszeiten.

Führungen werden generell samstags angeboten, mit etwa einer Woche Vorlauf kann man auch an anderen Tagen eine Führung nachfragen. Am besten eine Anfrage per Email schicken!

Interesse geweckt?

Also ich war sicherlich nicht zum letzten mal in Dornach, denn einerseits gibt es noch so viel zu entdecken. Andererseits hat mir dieser Ort gut getan. Ich fühlte mich sehr zufrieden und ausgeglichen und habe auch viele neue Inspirationen bekommen.Schreibt gern auch Eure Erfahrungen oder Fragen in die Kommentare.

Die ersten Ferien des neuen Schuljahres

Die Herbstferien haben in diesem Jahr sehr, sehr früh begonnen. Obwohl schon richtig viel in der ersten Schulzeit passiert ist, fühlte ich mich aber gar nicht wirklich ferienreif. Gut so! Denn der nächste Abschnitt bis zu den Weihnachtsferien hat es wieder in sich. Darum bin ich gerade sehr froh, noch einmal auf schönen kurzen Reisen abschalten zu können, bei gar nicht mal so leerem Akku.

Neue Klasse 1, Basar und Weihnachtszeit

Nach den Ferien geht es gleich wieder mit vollem Programm los: Besonders freue ich mich schon wieder auf die anstehenden Gespräche mit den Eltern und Kindern der neuen ersten Klasse. Die ersten Aufnahmegespräche führe ich gemeinsam mit meiner Kollegin. Anschließend werden die Eltern und Kinder zu einem großen Aufnahmetag eingeladen, an dem das ganze Klassenlehrer-Kollegium mitwirkt und sich alle Familien auch untereinander kennenlernen können. Dazu gibt es viele Infos für die Eltern und die Kinder dürfen auch schon einmal für einen Tag Schulkind sein. Das ist also eine sehr intensive Zeit.

Ich werde über das Thema Schulreife, Vorschuljahr und Ankommenszeit auch hier auf meinem Blog noch so einige Beiträge schreiben und hoffe auch, Gastautor:innen gewinnen zu können. Es wird wie gewohnt dazu auch praktische Tipps, kleine Spiele und Checklisten geben.

Im November finden Sankt Martin und endlich auch wieder unser Herbstbasar statt. Dann beginnt in der Schule die stimmungsvolle Vorweihnachtszeit zwischen dem Adventsgärtlein und dem vierten Advent.

Was meine Klasse im nächsten Quartal macht

Bis Weihnachten stehen die Vertiefung der Bruchrechnung, eine weitere Grammatikepoche in Deutsch sowie die erste Geschichtsepoche „Die alten Kulturen“ an. Hier machen wir auch mindestens einen schönen Ausflug, vielleicht sogar zwei.

Was ich gerade jetzt mache

Jetzt gerade in diesem Moment sitze ich mal wieder in der Bahn. Nach einer wunderschönen Paar-Woche in Hamburg reise ich nun noch einmal allein bzw. treffe mich mit einer lieben Freundin für ein paar Tage in der Schweiz. Wir wollen u.a. das Goetheanum besuchen.

Reisen und Planen

Das ist doch das beste Ferienprogramm. Neues sehen und erleben, in Austausch kommen, mit Abstand und ganz in Ruhe den nächsten großen Schul-Abschnitt planen.

Was Euch auf meinem Blog erwartet

Auf jeden Fall noch mehr Nachhaltigkeit im Schul- und Familienalltag, dazu eine bunte Mischung aus weiteren pädagogischen Themen, Praxisideen und Inspirationen. Seid gespannt! Ich freue mich über eine weiterhin stark wachsende Leser:innenschaft (und Hörer:innen meiner Podcasts) und nehme auch Eure Wünsche und Anregungen gern auf.