Konzentration ermöglichen

Wenn von Konzentrationstraining gesprochen wird, denkt man oft spontan an Übungen der Entspannung und Ruhe, an Wiederholung und Rhythmus. Oftmals findet dies auch in Form von Kursen außerhalb von Schule statt und soll Kindern dann Reserven für den Schulalltag bieten. Doch um nachhaltig Konzentrationsfähigkeit aufbauen zu können, muss zunächst an den Grundlagen gearbeitet werden. Drei entscheidende Basics stelle ich Euch hier vor.

„Konzentrier Dich mal!“

Diese Aufforderung wird häufig ausgesprochen – sie hilft betroffenen Kindern aber nicht weiter. Im Gegenteil. Gerade Kinder, die gern alles richtig machen wollen – ob aus Sympathie für die Erwachsenen oder aus Wunsch an die eigene Arbeit – bekommen dadurch einen weiteren Dämpfer. Denn sie werden sich nicht auf Kommando konzentrieren, wenn sie nicht die passenden Werkzeuge dafür haben.

Basic Nr.1: Die Lernsituation erkennen

Wieso das?! Es ist ein Klassenraum mit Regeln, es gibt einen Arbeitsauftrag…. was kann man denn daran nicht erkennen? Tatsächlich kann man dies nicht einfach so voraussetzen. Für manche Kinder legt sich auch nicht einfach ein Schalter um zwischen Pausenzeit und Schulstunde. Dass man in der einen Situation sagt, was einem gerade in den Sinn kommt und dies in der anderen Situation unpassend ist, erscheint nicht für alle selbstverständlich. Das ist weder respektlos noch frech. Wie stellt man also fest, ob ein Kind die Lernsituation einschätzen kann?

Die simple Antwort lautet: Man spricht darüber und erhält dabei ein Bild, wie die betreffenden Kinder auch andere Kinder wahrnehmen. Woran kannst Du erkennen, ob ein (anderes) Kind im Unterricht gerade aufmerksam ist? Du solltest darauf eine beschreibende Antwort erhalten wie: „Das Kind schaut dann auf sein Heft / die Lehrperson“, „Das Kind antwortet mir nicht oder kaum, wenn ich es anspreche“ oder „das Kind erledigt schon seine Aufgaben“. Dann kannst Du davon ausgehen, dass das Vorfinden einer bestimmten Lernsituation einem ungeschriebenen Gesetz gleicht. Die Signale der anderen wahrzunehmen, ist dann ein erstes, wichtiges Lernfeld und man kann es nicht voraussetzen! Es ist interessant und aufschlussreich, mit Kindern darüber ins Gespräch zu kommen.

Dies kann im Klassenverband erlernt bzw. erinnert werden, indem man zu Beginn der gemeinsamen Arbeit einen kleinen Erinnerungsspruch sagt, Signaltöne oder Bildzeichen zur Stundentransparenz verwendet. Im Moment der Ablenkung ist es günstig, die Situation zu benennen (anstatt „hör auf“ zu sagen).

Basic Nr. 2: Sich selbst wahrnehmen und die eigenen Gefühle kennen

Kinder, die ihre Aufmerksamkeit nur schwer halten können, sind oft von Eindrücken und Empfindungen abgelenkt, die sie nicht sogleich einzuordnen wissen. Das erzeugt Unruhe. Hier wird Sicherheit gewonnen, indem wir nicht fragen, sondern sehen und dabei unterstützen, die eigenen Bedürfnisse wahrzunehmen. Erst, wenn diese erkannt und benannt werden können, ist eine Regulierung überhaupt möglich.

Die Grundbedürfnisse nach Essen, Trinken, Toilette und Bewegung werden oft unterschätzt.

Bezogen auf eine Lernsituation kann gemeinsam geschaut werden, ob zu Stundenbeginn überhaupt alle Grundbedürfnisse gestillt sind bzw. was das Kind braucht, um nun in die Arbeit zu finden: Hat es vorab die Pause genutzt, um zu essen, zu trinken oder auf die Toilette zu gehen? Hat es sich genug bewegt? Liegen alle Materialien bereit und sind ablenkende Dinge verstaut? Es erfordert oft intensive Begleitung, die Pausen- und Lernzeiten richtig nutzen zu lernen und damit gute Lernvoraussetzungen zu schaffen.

Basic Nr. 3: Die eigene Lernumgebung passend gestalten lernen

Zu viele Dinge auf dem Tisch, zu große Nähe zu Sitznachbarn, überfrachtete Arbeitsblätter, unangespitzte Stifte, halb vertrocknete Klebe, unübersichtliche Schultaschen und Mappen – es gibt viele kleine Dinge und Stellschräubchen innerhalb einer individuellen Lernumgebung, die ein konzentriertes Arbeiten erschweren. Bis es einem Kind gelingt, für sich zu erkennen, wie es auf die die eigene Lernumgebung einen positiven Einfluss nehmen kann, können Jahre vergehen. Dabei gilt: Es muss jederzeit möglich sein, Veränderungen kreativ auszuprobieren und auch unmittelbar darüber zu sprechen, ob sich etwas verbessert hat. So baut man sich mit der Zeit eine eigene kleine „Werkzeugkiste“ an Hilfen auf.

Und nun stelle dir vor….

…. was es für einen Unterschied macht

  • ob Du vor dem Lernen genügend Bewegung hattest, satt bist, getrunken hast, Deine Arbeitsmaterialien jederzeit griffbereit und genügend Platz an Deinem Tisch hast
  • oder ob Dir Dein Sitznachbar auf die Pelle rückt, Du Durst hast, müde bist und eigentlich gar nicht weißt, ob Dein Stift noch lange schreibt.

BEVOR Du überhaupt an die Arbeit gehst oder ein Mandala zur Konzentrationsförderung machst, weil Du ja eigentlich Deine Aufmerksamkeit nicht gut halten kannst…….

Vom positiven Selbstbild zu Selbstwertgefühl und Selbstbewusstsein

Damit ein Kind zu einer starken Persönlichkeit heranwächst, bedarf es vieler Faktoren: Ganz besonders Gesundheit, sichere Bindung, erfüllte Bedürfnisse, ein anregendes und liebevolles Umfeld. All diese Faktoren bilden die Grundsteine für ein positives Selbstbild. Und aus ihm erwachsen das Selbstwertgefühl und das Selbstbewusstsein.

Zuerst entsteht das Selbstbild

Fühlt ein Kind sich angenommen, sicher gebunden und begleitet, legt sich schon in den ersten Lebensjahren ein wichtiger Grundstein für alle bevorstehenden Lebensschritte. So kann es auch die anstehenden Entwicklungssprünge mitsamt mancher Krisenstimmung meistern – vom Zahnwechsel bis zur Pubertät.

Doch wie entsteht ein positives Selbstbild? Ich habe einmal die fünf Faktoren (nach Bernard Lievegod) zusammengetragen:

So spüren sich die Kinder beim Erleben der verschiedensten Gefühle und auch in der Erinnerung von Ereignissen, die diese (erneut) auslösten, ganz besonders stark. Die Verarbeitung von Erlebnissen, das Ausleben oder Regulieren von Willensimpulsen – all das sind kleine Puzzleteile, die eine Vorstellung von dem, wer man selbst ist, nach und nach zu einem eigenen Selbstbild zusammenfügen.

Doch neben dem Erfahrungsschatz aus Erleben und Fühlen gehört auch bestimmte Kenntnisse über sich selbst. Nach William James gehören Wissen und Erfahrungsgewinn über den eigenen Körper, in dem ein Kind beheimatet ist, etwa ganz entscheidend dazu.

Mit der Zeit entwickeln die Kinder auf diese Weise eine immer differenziertere Vorstellung von sich, ihren körperlichen und geistigen Fähigkeiten und der Qualität ihrer seelischen Erlebnisse.

Die Rolle der Erwachsenen

Nicht zuletzt sind die meisten Erkenntnisse und Erfahrungen für Kinder erst möglich, indem wir Erwachsenen ihnen spiegeln, was sie gerade erleben. Wie ihre Gefühle, Tätigkeiten und ganz persönliche Eigenschaften benannt und von uns gesehen werden.

Indem wir Ihnen bedingungslos zur Seite stehen und sie annehmen. Jeder in seiner/ihrer Rolle, die sie im Leben eines Kindes ausfüllt. Machen wir uns bewusst: WIR sind ihr Umfeld und das macht sehr viel aus.

Was gehört also in die Gießkanne?

Mir sind spontan diese drei wichtigen Punkte in den Sinn gekommen. Natürlich sind es noch viele mehr. Ich freue mich über Eure Ergänzungen in den Kommentaren.

Mindsetkarten als Download

Die Grafiken habe ich hier als kleines Freebie für Euch. Zum Ausdrucken, Aufhängen oder Weitergeben.

Goldtröpfchenöl Update

Mein Blog ist ein Produkt des Lockdowns und hat sich seitdem ganz wunderbar entwickelt. Einer meiner ersten Beiträge widmete sich dem Goldtröpfchen Ritual. Ich habe ihn nun „coronafrei“ überarbeitet. Uneingeschränktes Goldtröpfchen: Go!

Hier kommt Ihr direkt zum Bericht.

Ich schaue regelmäßig über meinen wachsenden Blog und pflege ihn liebevoll 🙂 Solltet Ihr Eurerseits auf andere Berichte stoßen, die nach einem Update rufen, meldet Euch gern bei mir.

Ich danke Euch für sehr für`s Lesen und viele liebe Emails!

Die Mitmachschule

Jede einzelne Waldorfschule gründet – wie alle anderen freien Schulen auch – auf einer Initiative von Eltern und Lehrern und wird gemeinsam, Seite an Seite, aufgebaut. So kann man sagen: „Unsere Schule besteht nur, weil wir sie wollen“. Es gibt keine staatlichen Vorgaben darüber, wie viele Ersatzschulen in welchen Regionen vorhanden sein sollen. Zwar gibt es (zurecht) zahlreiche strenge staatliche Vorgaben zur Genehmungsfähigkeit einer jeden Schule. Trotzdem trägt jede Schule die Handschrift ihrer ganz eigenen Schulgemeinschaft.

Zwischen Personalverantwortung, dem Organisieren von Schulveranstaltungen und dem Begleiten von Klassenfahrten und -aktionen des eigenen Kindes gibt es an Waldorfschulen viele Möglichkeiten, sich als Eltern einzubringen.

Ist das nicht viel Aufwand neben Job und Familie?

Die Möglichkeiten, Teil der Schulgemeinschaft zu sein, sind vielfältig. Es ist dabei völlig verständlich, dass beispielsweise berufstätige Alleinerziehende mehrerer Kinder weniger Möglichkeiten haben, vor Ort an der Schule Zeit zu verbringen. Eine Schulgemeinschaft als Solidargemeinschaft kann dies gemeinsam tragen.

Glücklicherweise gibt es aber in einer lebendigen Schulgemeinschaft viele verschiedene Anknüpfungspunkte, auch ohne die Übernahme von Ämtern bei der Gremienarbeit.

Schul- und Klassengemeinschaften sind Netzwerke

Die Schulzeit der eigenen Kinder ist nichts, das man als Familie allein bewältigen sollte. Es ist immer hilfreich, sich dabei mit anderen auszutauschen, gegenseitig zu unterstützen und gemeinsam Ideen einzubringen.

Die Kinder freuen sich über die Anteilnahme der Eltern

Die Schule sollte nicht der Ort sein, der Kindern vermitteln, dass hier die Einflussnahme ihrer Eltern endet und sie die meisten Dinge allein bewältigen müssen.

Sind Eltern bei Aktionstagen, Klassenausflügen oder Schulfesten dabei, fühlen sich Kinder an ihrem zweiten Lebensmittelpunkt gestärkt und gesehen. Auch ist es für die Kinder einer Klassengemeinschaft schön zu sehen, wenn ihre Eltern auch die Eltern ihrer Mitschüler:innen kennen und die Erwachsenen irgendwie auch miteinander zu tun haben.

Dies gilt besonders auch für das Miteinander zwischen Eltern und Lehrenden.

Erziehungspartnerschaft

Er-ziehung braucht Be-ziehung. Dies gilt auch für die Erwachsenen. Da die Schule ein Ort ist, an dem die eigenen Kinder einen nicht geringen Teil des Tages verbringen, ist die Zusammenarbeit mit den Klassenlehrer:innen als weitere Bezugsperson im Leben des eigenen Kindes immens wichtig. Daher ist es für uns Lehrer:innen an Waldorfschulen auch üblich, die Familien zu Hause zu besuchen.

Wenn wir Erwachsenen den Kindern vermitteln, gemeinsam für sie da zu sein, kann man viele Wege miteinander gehen. Ist man sich in manchen Punkten nicht einig, zeigt eine gute Gesprächs- und Konfliktkultur, dass es sich sowohl lohnt, den eigenen Standpunkt zu vertreten, als auch die Perspektive des anderen einzunehmen.

Zusammenarbeit mit den Eltern im Podcast „Kaffee, Kreide, Morgenspruch“

Auch Dustin und ich haben in unserer Januarfolge über die Zusammenarbeit mit den Eltern gesprochen. Spannend ist dabei wieder, wie sich dies an unseren beiden Schulen und innerhalb unserer jeweiligen Klassengemeinschaft auf verschiedene Weise gestaltet.

Hört mal vorbei!

Mit Waldi Waldmaus kann man rechnen

Ein Gastbeitrag von Frauke Beckers,
Waldorflehrerin und Gründerin des Verlags WachsMalBlöckchen

Kleines Vorwort vom Montagskind: Waldi Waldmaus leistet mir und den Kindern neuerdings im Förderraum Gesellschaft und ich bin sehr angetan von ihr. Sie ist liebevoll handgenäht und bringt ein nachhaltig produziertes Rechenheft aus Graspapier mit, mit dem sich wunderbar arbeiten lässt. Ich habe daraufhin Frauke Beckers erneut als Gastautorin eingeladen. Diesmal schreibt sie also über ihr ganz besonderes Projekt Waldi Waldmaus.

Waldi ist in unserem Förderraum eingezogen und es scheint ihr zu gefallen……

Wenn das Rechnen keine Freude macht….

Warum bloß ist das Rechnen lernen für viele Kinder ein Graus? Manchmal liegt es an eigenen negativen Schulerfahrungen von Eltern und LehrerInnen, die sich auf die Kinder übertragen und manchmal ist die Lehrmethode einfach nicht die passende für das Kind. So kommt es, dass es Kinder gibt, die schon im 1. Schuljahr sagen: „Rechnen kann ich nicht!“ oder „Mathe ist doof!“.

Auch in Waldorfschulen tun sich einige LehrerInnen schwer damit, den Umgang mit Zahlen altersgemäß und ehrlich begeistert zu vermitteln, denn die Mathematik ist ein logisch und klar aufgebautes Fach und mathematische Aufgabenstellungen bieten häufig augenscheinlich nicht viele Möglichkeiten für einen freien, individuellen und kreativen Lösungsansatz. Meistens ist die Lösung fest vorgeschrieben und den LehrerInnen und Eltern auf einen Blick klar. Für die Kinder ist es dann nicht selten frustrierend, wenn ihnen die Lösung nicht auf Anhieb klar ist und sie im Dunkeln tappen.

Und wenn man dies als Lehrer:in auch selbst gefühlt hat…

Ich war als Kind so ein frustriertes Kind mit eher mäßigen Leistungen im Fach Mathematik. Und das als Tochter eines Mathematiklehrers. Nach dem Frust kam die Angst davor und die Abneigung gegen dieses Fach. Als Erwachsene war mir gleich klar: So kann und will ich als Lehrerin meine Kinder nicht beim Rechnen begleiten. Ich entdeckte über das Knobeln und Malen die Mathematik im Studium für mich neu, erkannte ihre logischen Strukturen, ihre Schönheit und Klarheit und die Möglichkeiten des Spielens mit den Zahlen. Mathe war auf einmal mein Fach und ich sah alles mit ganz anderen Augen.

Jedes Kind kann seinen eigenen Weg finden

Jedes Kind ist anders! Das zu bedenken ist insbesondere für einen erfolgreichen und freudigen Rechenunterricht existentiell. Es gibt zwar häufig nur eine Lösung, aber die Anzahl der möglichen Wege dorthin ist tatsächlich meist unendlich. Um den Kindern zu ermöglichen, ihren eigenen Weg zu finden und sich frei und freudvoll darauf weiter zu bewegen, habe ich die Waldi Waldmaus Rechengeschichte geschrieben. Bisher sind zwei Bücher erschienen, die sich am Lehrplan der ersten Schuljahre orientieren und die eine fachliche und mental positive Grundlage für weitere mathematische Erfahrungen legen. Mit Geschichten und Bildern lassen sich Kinder jeden Temperaments erreichen und in den Waldi Waldmaus-Büchern gebe ich LehrerInnen und Eltern Anstöße, wie sie mit Hilfe der kleinen Rechenmaus Waldi jedes Kind für die Zahlenwelt begeistern und ihnen Sicherheit vermitteln können. Sagt ein Kind erstmal „Rechnen macht Spaß!“ und „Ich kann das!“, kann es zukünftigen Herausforderungen motiviert und gestärkt entgegen gehen.

Foto: Frauke Beckers

Zum Inhalt

Waldi Waldmaus wohnt in einem Baumstammhaus tief im Wald. Die Kinder begleiten die süße Maus durch die Erlebnisse des Tages und begegnen dabei den verschiedenen Zahlen und Rechenoperationen. Die vier Grundrechenarten werden mit vier verschiedenen Temperaments- bzw. Gefühlsregungen der Waldimaus eingeführt, sodass sich jedes Kind darin wieder finden kann und in seinem individuellen Rechenweg bestärkt wird. Immer wieder laden freie Aufgabenfelder zu kreativen Lösungen ein, die eine natürliche Differenzierungsmöglichkeit des Schwierigkeitsgrades bieten.

Band 1

Waldi Waldmaus führt die Kinder behutsam und altersgemäß in die abstrakte Welt der Zahlen. Immer wieder wird das Kind positiv darin bestärkt, was es alles schon kann. Bei der Anzahl der Aufgaben geht stets Qualität vor Quantität, sodass die Inhalte mit dem Herzen aufgenommen und später im Schlaf gut verarbeitet und verinnerlicht werden können.

Zum Ende des Heftes erfahren die Kinder, welch großer Schatz es ist, in allen vier Grundrechenarten (Plus, Minus, Mal und Geteilt) rechnen zu können. Sie spüren: Nicht nur im Rechnen sollte alles im Gleichgewicht sein. Das ganze Leben fordert uns heraus, die eigene Mitte zu finden, um sich wohl zu fühlen. In diesem Sinne möchte die Geschichte den Kindern mehr vermitteln als die reine Ausführung von Rechenoperationen.

Band 2

In Band 2 macht sich Waldi Waldmaus auf den Weg zur Feldmausfamilie Mathematikus. Dabei begibt sich die kleine Rechenmaus auf eine Reise mit spannenden Rechenabenteuern. Am Ende wird sie im Zauberwald des Einmaleins mit eindrucksvoll silberfunkelnden Zahlensternen belohnt, die für weitere Rechenaufgaben und Schuljahre wegweisend leuchten.

In diesem Arbeitsbuch werden die vier Grundrechenarten im Zahlenraum bis 100 mit abwechslungsreichen und kindgemäßen Aufgabenstellungen erklärt und vertieft. Die Möglichkeit zur Selbstkontrolle gibt Waldi Waldmaus unten auf den Buchseiten. Rechenrahmen, Einmaleinsfächer und Einmaleinssterne dienen als strukturiertes und motivierendes Anschauungs- und Übungsmaterial.

Unterschiede und Zusammenhänge der vier Grundrechnarten werden durch die vier Elemente sowie die vier Temperamente der Familienmitglieder deutlich herausgearbeitet. Rätsel, Merksprüche, Spielideen, sinnvolle Geschichten und Waldi Waldmaus als treuer Rechenfreund helfen das Rechnen ganzheitlich und mit spielerischer Freude zu begreifen.

“Waldi Waldmaus im Hunderterhaus” baut inhaltlich auf Band 1 „Waldi Waldmaus im Rechenhaus” auf, kann aber auch als eigenständiges Übungsbuch für Kinder der 2. Klasse und zu Wiederholungszwecken für Kinder der 3. Klasse verwendet werden. Das Buch kann sowohl als roter Faden und Übungsheft im schulischen Unterricht wie auch lehrwerksunabhängig fürs häusliche Lernen verwendet werden.

Waldi Waldmaus im Rechenhaus: Alle Infos 

3. Auflage/2021, Format DinA4, 112 Seiten, umweltfreundlich und ressourcenschonend auf Graspapier (110g) gedruckt, in s/w, Umschlag farbig

ISBN 978-3-9823872-0-8

Alle 4 Grundrechenarten mit narrativer Einführung und ansprechenden Übungsaufgaben

Waldi Waldmaus im Hunderterhaus 

1. Auflage/2022, Format DinA4, 116 Seiten, umweltfreundlich und ressourcenschonend auf Graspapier (110g) gedruckt, in s/w, Umschlag farbig

ISBN 978-3-9823872-1-5

– Addition, Subtraktion, Multiplikation, Division im Zahlenraum bis 100

– Schwerpunktteil Einmaleins

Herzensempfehlung

Dies ist unbezahlte Werbung! Ich möchte Frauke und ihr sehr gelungenes Projekt einfach gern unterstützen.

Über Freihandgeometrie

Meine Klasse hat das neue Jahr mit einer Epoche „Freihandgeometrie“ begonnen. Dies ist ein Übergang vom Formenzeichnen der Schuljahre eins bis vier: Vom Formenerleben hin zur Gesetzmäßigkeiten der Formen. Es werden erste Begriffe und Definitionen eingeführt und auch der Zirkel kommt dann bald als neues Werkzeug hinzu – dabei wird die Handhabung zunächst auf künstlerischer Ebene geübt.

Kreise auf einem Aquarellbild

Das Formenzeichnen legte die Grundsteine

Beim Formenzeichnen in den Schuljahren eins bis vier standen die graphomotorischen Übungen, das Erleben der Formen an sich (Spiegelungen, Symmetrien, Richtungen…) und die Schulung der ästhetischen Wahrnehmung im Mittelpunkt des Prozesses. Die Erschließung einer Form ist ein ganzheitliches Erleben, von der äußeren zur inneren Bewegung. Es fordert geistige Tätigkeit, ist dabei aber frei von Intellekt.

Im fünften Schuljahr kommt genau dies hinzu. Es folgt mit dem Übergang zur Geometrie das Bewusstsein von den Gesetzmäßigkeiten und Berechenbarkeiten der Formen.

Vom Zeichnen zum Konstruieren – ein Prozess

In der Freihandgeometrie wird von den Kindern zunächst die bisher erarbeitete zeichnerische Sicherheit wieder aktiviert, die sie sich seit ihrer ersten Begegnung mit der Geraden und der Gebogenen (oder „Krummen“) stets vertieft und erweitert haben. Auge-Hand-Koordination ist hier gefragt: Die Hand spurt souverän das Rund des Kreises, führt sorgsam und akkurat die Gerade. Gleichzeitig hat das Kind sofort im Blick, ob die entstandene Form dem Ziel entspricht, korrigiert, spurt weiter.

Dazu kommen nun das Bewusstsein für die Gesetzmäßigkeiten der Formen und ihre Beziehung zueinander: Die Strecken im Kreis, die Geraden am Kreis, die Winkel, Drei- und Vierecke.

Dadurch, dass die Kinder noch nicht „verkopft“ die Arbeitsmittel zur Hand nehmen, erleben sie beim freihändigem Zeichnen die Form intensiv und können dadurch neue Erkenntnisse ins Bewusstsein rufen.

Die Harmonie der Fünftklässler:innen

An dieser Stelle trifft das seelische Erleben auf die zunehmenden Möglichkeit, die Welt zu erforschen und mit bewussten Gedanken zu ergreifen. Zudem kommt das Erleben der eigenen Fähigkeiten beim Zeichnen hinzu. Ein schöner, ganzheitlicher Einklang!

Wunsch nach Exaktheit

Der nächste Schritt ist der Einsatz der Werkzeuge Zirkel und Geometrie-Dreieck. Mit ihrer Hilfe können ganz sicher exakte Ergebnisse erzielt werden. Und dies ist dann auch schon automatisch der Wunsch (und Anspruch) der Kinder, damit die neu gewonnenen Erkenntnisse auch möglichst genau umgesetzt werden können.

Die Einführung des Zirkels

Nachdem die ersten Kreise frei Hand gezeichnet wurden, ist nun auch der Zirkel an der Reihe. Die Übung der Handhabung erfolgt aber zunächst wiederum über das künstlerische Arbeiten. Ab Klasse 6 werden dann Dreiecke mit dem Zirkel konstruiert, das Lot gefällt usw. Dann liegt das Arbeitsgerät aber auch schon sicher in der Hand.

Geometrie erfordert viele Fähigkeiten und Übung

Dies sind die Kenntnisse über Begriffe und Definitionen, das Anwenden von Formeln und das Konstruieren als Tätigkeit mit den Händen. Letzteres erfordert einen sicheren Umgang mit den Arbeitsgeräten. Über die Freihandgeometrie kann ich die Kinder dorthin Schritt für Schritt führen.

4 Tipps für den Übergang zwischen Ferien und den ersten Schultagen

Während es die einen kaum erwarten können, ihre Freundinnen und Freunde wiederzutreffen und Neues zu lernen, scheinen die anderen beim Gedanken auf den Wiederbeginn der Schulzeit eine schwere Last zu tragen. Woran kann das liegen und wie helfen wir Kindern, für die diese Übergänge schwierig sind?

Kinder voller Vorfreude

Sie sind innerlich schon wieder auf die Schule eingestellt und überbrücken bereits ihre Ungeduld: Gedanklich schon wieder in der Schule, malen sie sich bereits aus, was sie alles über die Ferien erzählen werden, welches Weihnachtsgeschenk sie der Klasse zeigen möchten und was das erste Pausenspiel sein soll. Ein guter Plan, wie ich finde.

Warum kann der erste Schultag sich schwerer anfühlen?

Der Zeitplan in den Ferien ist meist deutlich entspannter: Keine Schule, keine Betreuungszeiten, Vereinsaktivitäten ruhen. Dazu Zeit für freies Spiel und die Möglichkeit, eigene Interessen nach Belieben zu vertiefen. Beginnt die Schule wieder, kommt alles „von null auf hundert“ zurück.

Auch wandern die Gedanken nicht nur in Richtung der Dinge, die schön sind und gut laufen. Es wird klar: Auch die Hürden des Schulalltags sind wieder da.

Nicht zuletzt haben sich Tagesablauf und -rhythmus im Vergleich zur Schulzeit geändert. Das, was sonst im Alltag automatisiert abläuft und dadurch weniger Kraft kostet, muss nun wieder neu aufgenommen werden. Auch das benötigt wiederum einige Tage.

Hier daher meine Tipps für Euch, wie ein guter Übergang geschaffen werden kann. Kommentiert auch gern Eure eigenen Erfahrungen.

Tipp 1: Das Ende „offiziell“ machen

Plant das große Finale, gestaltet den letzten Ferientag bewusst und bereitet ihn gemeinsam vor. Gerade das Ende der Weihnachtsferien lädt besonders dazu ein, den Feiertag der Heiligen drei Könige zu begehen.

Tipp 2: Gemeinsam reflektieren

Von schönen Erinnerungen kann man zehren. Und was nicht so gut lief, kann man in den nächsten Ferien anders angehen.

Tipp 3: Den Schulalltag vorbereiten

Wenn in den Ferien mit Schulstiften gemalt wurde oder es neue Stifte zu Weihnachten gab, muss ein Blick auf das Etui (und den Anspitzer) geworfen werden. Darf nach Weihnachten eines der Weihnachtsgeschenke mitgebracht und gezeigt werden? Passen die Sportschuhe noch? Was wird sonst noch gebraucht? Gemeinsam die Schulsachen vorzubereiten, gibt Sicherheit und stimmt auf den bevorstehenden Alltag ein. Nicht zu unterschätzen ist dabei auch eine (wieder) aufgeräumte Lernumgebung.

Tipp 4: Das frühe Aufstehen entlasten

Es kostet Kraft und braucht etwas Zeit, wieder in den gewohnten Rhythmus zu finden. Es lohnt sich daher, manche Aufgaben, die morgens anfallen, am Vorabend akribischer vorzubereiten, als man es sonst tut.

Ich wünsche Euch einen schönen Schulstart nach den Ferien!

Vergessen in den Ferien? Na klar

Die Feiertage sind vorbei, in vielen Familien kehrt allmählich der Arbeitsalltag der Eltern wieder ein. Mit Blick auf die nächsten Schulwochen wäre das doch jetzt die optimale Zeit, um Unterrichtsstoff aufzufrischen – oder? Ein paar Gedanken dazu und auch, wann Üben den Ferien sinnvoll ist und wie geschehen kann.

Grundsätzlich sind Ferien zum Erholen da

Gerade, wenn Kinder deutlich mehr wiederholen und üben müssen als ihre Mitschüler:innen, werden die letzten Ferientage gern als Möglichkeit gesehen, um den Anschluss wieder zu finden. Im Prinzip keine schlechte Idee, aber: Wenn Kinder im Alltag schon stärker gefordert sind, benötigen sie erst recht Erholung und Abstand vom Geschehen, oder?

In der Waldorfpädagogik arbeiten wir aktiv mit dem Vergessen. Nach einer wochenlangen, täglichen intensiven Lernzeit in einem Fach – auch Epochenprinzip genannt – darf das Gelernte eine Zeitlang ruhen. Die Erfahrung zeigt, dass die Kinder zu einem späteren Zeitpunkt nochmal einen verbesserten Zugriff auf die Inhalte bekommen, wenn diese regelrecht „sacken“ oder „verdaut“ werden durften. Dabei fällt zu einem späteren Zeitpunkt zunächst das Erinnern nicht gerade leicht, doch das beunruhigt nicht. Um an bereits „vergessenen“ Lernstoff anknüpfen zu können, braucht es meist zwei bis drei Tage. Danach ist das Lernen und Vertiefen in der Regel wieder gewohnt im Fluss.

Nichts Anderes geschieht in den Ferien: Die Kinder bekommen eine Auszeit und dürfen vergessen. Deswegen fallen die ersten Schultage nach den Ferien mitunter auch schwer: Die Rückkehr in Alltagsroutinen fühlt sich noch holprig an, es gilt zudem, viel Gelerntes zu erinnern. An dieser Stelle bringt es nichts, Druck aufzubauen und mit Vollgas nach den Ferien durchzustarten – besser ist es, die Zeit des Erinnerns und die Rückkehr in die Routinen direkt im Zeitplan mit zu berücksichtigen und die Erwartung an die ersten Schultage nicht all zu hoch zu schrauben. Man wird ganz sicher Fahrt aufnehmen!

Ferien-Skills

Ferien sind ohnehin die Gelegenheit, neue Lernfelder zu erschließen oder Lernfelder, die im Gewusel des Alltags doch etwas zu kurz kommen, zu vertiefen. Beispielsweise:

  • Bewegung durch Ausflüge: In Kletterwäldern, auf Wanderungen, auf Radtouren, im Schwimmkurs
  • Mut durch Abenteuer und Urlaub: Neues zu sehen und zu erleben, bedeutet, die Komfortzone zu verlassen. Das macht mutig.
  • im Sozialen: Menschen treffen, die man sonst selten sieht, ausgiebige Spiele spielen (viel länger als sonst und vielleicht auch in einer größeren Freizeitgruppe)
  • Kreativität durch Langeweile – nicht zu unterschätzen!
  • Handwerklich: Im Garten helfen, ein neues Regal zusammenschrauben, ein Häuschen für den Hamster bauen…

Die Liste lässt sich beliebig weiter fortsetzen. Nein, niemand braucht zu befürchten, in den Ferien zu wenig zu lernen (wenn er/sie sich nicht den ganzen Tag medial berieseln lässt).

Ausnahmen bestätigen die Regel

Wenn Kinder von sich aus Schule spielen oder in ihrem Lieblingsfach versinken möchten, dürfen sie das natürlich auch in den Ferien gern tun. Die beste Art des Lernens sind ja ohnehin freiwillig gestellte Aufgaben, die ein Kind aus vollem Herzen angeht. Das darf natürlich nicht gestoppt werden, nur weil gerade Ferien sind. Passiert ein freiwilliges Üben nicht, ist das aber auch kein Grund zur Sorge. Manche Kinder trennen gern ihr Schul- und „Privatleben“.

Beispiele für sinnvolles Üben

Neben selbst gewählten Aufgaben kann auch die gemeinsame Zeit in den Ferien sinnvoll gestaltet werden. Dies gilt natürlich auch für bewusste Aus-Zeiten im Alltag.

  • Lesen üben: Ein selbst gewähltes Buch, das in kuscheliger Atmosphäre abwechselnd gelesen wird.
  • Gemeinsam backen: Zutaten wiegen, messen, Mengen abschätzen…..
  • Einkaufen: mit Geld umgehen, Listen schreiben
  • Uhrzeit: Gemeinsam den Tag vorbesprechen, zwischendurch auf die Uhr schauen. Fragen: Wie spät ist es gerade? Wie lange noch, bis wie schwimmen gehen? Erinnern: Wann wollen wir essen?

Auch diese Liste lässt sich weit fortführen.

Wenn ein Kind viel Unterrichtsstoff versäumt oder große Lernlücken hat…

… dann hat das mit dem üblichen Vergessen in den Ferien weniger zu tun, sondern es sollte tatsächlich mit Bedacht geschaut werden, wann das Versäumte nachgeholt werden kann. Lernt ein Kind bereits im Epochensystem und hat Großteile einer Epoche versäumt, vergehen mitunter Monate, bis an den versäumten Stoff wieder angeschlossen wird. Dann hat man Zeit gewonnen und kann mit Bedacht die fehlenden Inhalte einteilen und nachholen.

Es gilt jedenfalls, an dieser Stelle abzuwägen: Bietet der Alltag neben Schule, Hausaufgaben, Sportverein & Co. überhaupt ein sinnvolles Zeitfenster, um Lücken zu schließen? Wie belastend ist das Aufholen? Dafür braucht es im Einzelfall konkrete Absprachen zwischen Schule und Elternhaus und dafür habe ich an dieser Stelle natürlich keine allgemein gültige Antwort.

Über die Magie des Neuanfangs

Ich mag das Gefühl des Neuanfangs ebenso gern wie das verlässliche Gefühl von Vertrautem. Vielleicht bin ich auch deshalb Lehrerin geworden: So habe ich gleich zwei Neuanfänge im Jahr – das neue Schuljahr und das neue Kalenderjahr, dazu viel Vertrautes, Verlässliches.

„…. es ist so wenig äußere Veränderung dafür nötig, denn wir verändern ja die Welt von unserem Herzen aus, will dieses nur neu und unermesslich sein, so ist sie sofort wie am Tage ihrer Schöpfung und unendlich.“

Rainer Maria Rilke

Ich beginne das neue Jahr mit einer neuen Staffel „Märchen mit Klang“ und dem Märchen von der geschenkten Zeit.

Ansonsten gibt es kleinere Rituale, die wir an Neujahr als Familie pflegen. Es wird ein ruhiger erster Tag.

Tag 1

Es ist die Seite 1 des 365-seitigen, unbeschriebenen Buches, die Perle 1 der Jahreskette, die Botschaft 1 im Jahresglas.

Ich wünsche Euch einen schönen ersten Tag!

Wenn viele kleine Menschen viele kleine Dinge tun…

Wie Ihr wisst, liegt mir das Thema Nachhaltigkeit sehr am Herzen. Auf meiner Hamburgreise habe ich dazu ein langes Gespräch mit Marianus von Hörsten geführt. Marianus ist 30 Jahre alt, ehemaliger Waldorfschüler und auf einem Demeterhof aufgewachsen. Gemeinsam mit einem Partner betreibt er in Hamburg das Restaurant Klinker. Als Koch wurde er u.a. zum besten Jungkoch der Welt gekürt. Er ist Klimaaktivist und hat gerade sein Geografiestudium mit sehr guten Noten abgeschlossen. Bei der ARD ist seine Dokureihe „The Green Garage“ zu sehen. Ich habe bereits Folgen seiner Reihe in meinem Unterricht eingesetzt. Sie erreichen und bewegen die Jugendlichen. Nun möchte ich Euch ebenso einladen, Marianus´ nachhaltige Wege kennenzulernen.

Das Interview mit Marianus

Wir haben lange und intensiv gesprochen, auch für „Kaffee, Kreide, Morgenspruch“. Ich habe mich entschieden, keinen „klassischen“ Blogbeitrag zu schreiben, sondern das Interview hier abzubilden. Ich möchte Marianus dabei zu unterstützen, möglichst viele Menschen zu erreichen. Macht Euch ein Bild, schaut The Green Garage und lasst Euch inspirieren.

Marianus, wie bist Du aufgewachsen und wie kamen die Themen Nachhaltigkeit und bewusster Konsum zu Dir?

Ich komme aus der Lüneburger Nordheide von einem Demeter Bauernhof. Und ich glaube, da ist es relativ logisch, wo die Nachhaltigkeit herkommt: Von den Eltern. Lebensmittel hast Du nicht verschwendet, weil Du wusstest, was es für eine Arbeit ist, sie dem Boden abzuringen. Das ist wohl der einfachste, kurz zusammengefasste Umgang damit.

Wie kam es zu Deinem Projekt „The Green Garage“?

Ich hatte im Lockdown sehr viel Zeit, weil unser Restaurant ja geschlossen war, und da hatte ich die Idee. Weil ich es schwierig finde, dass diese ganzenThemen, die uns beeinflussen und die wir ja selbst beeinflussen können, immer so fatalistisch in der öffentlichen Darstellung präsentiert werden. Das fand ich schade und dachte, es wäre cool, mal die Möglichkeit zu haben und zu schauen: Was kann ich denn in meinem kleinen Kosmos anders machen, dass es besser läuft.

Dann habe ich mich mit einem Produzenten zusammengesetzt und wir haben es der ARD vorgeschlagen. Dort wurde es angenommen und wir haben es produziert. (Anm.: Aktuell läuft schon die zweite Staffel.)

Du gehst bewusst mit Lebensmitteln um und gehst konsequemt Wege, Lebensmittelverschwendung zu minimieren. Du hast einen gastronomischen Betrieb – wie funktioniert es da?

Dadurch, dass wir eine sehr kleine Karte fahren und immer alles frisch machen, haben wir so gut wie keine Lebensmittelverschwendung. Wir schmeißen sehr, sehr, wenig weg, nur wenn etwas schlecht wird. Und das ist in den dreieinhalb Jahren, in denen wir am Markt sind, erst zweimal passiert. Dazu kommt, dass wir aus allen Produkten das Maximale herausholen. Aus einer Karottenschale, aus einer Zwiebelschale, aus einem Sellerieabschnitt, daraus kannst du immer noch Gemüsefond kochen. Und den Fond kannst du zum Aufgießen für dein richtiges Gericht nehmen. So kannst du aus jedem Teil das Maximum herausholen und das ist der erste Punkt.

Bei tierischen Produkten, die wir nur sehr wenig verarbeiten – wobei wir mehr Butter und Milch verwenden und weniger Fleisch, aus Gründen – da sind wir noch viel penibler. Wir haben auch nur zwei Gerichte mit Fleisch auf der Karte, der Rest ist vegetarisch. Knochen werden dreimal ausgekocht, das Fett wird auch zum confieren von anderen Lebensmittel verwendet, dass es saftiger bleibt und mehr Geschmack daran ist. Wir holen aus dem Tier das Maximale heraus, dass es, bei allem, nicht umsonst gestorben ist.

Wie kalkulierst Du denn die Mengen? Du arbeitest ja auch nicht mit Reservierungen im Restaurant…

Das ist richtig. Bei den Mengen haben wir inzwischen Erfahrungswerte und daran halten wir uns. Wir wissen, dass wir pro Abend eine bestimmte Anzahl des einen und des anderen Gerichts verkaufen. Es gibt Gerichte, die gehen immer gut und es gibt Gerichte für die ambitionierten Esser:innen. Aber auch das ist ja unser Job, den Leuten zu zeigen, was man aus bekannten Lebensmitteln noch alles so machen kann. Und am Ende des Tages sagen wir lieber: `Was aus ist, ist aus.´ Wir produzieren lieber so viel, dass wir wissen, wir bekommen diesen Schnitt, den wir immer haben. Und gerade am Freitag, sind schnell mal Gerichte aus, weil wir ja am Wochenende schließen. Das ist genau das, was wir wollen. So machen wir es am Montag wieder frisch.

Es ist nicht nur spannend, wie achtsam Ihr mit den Lebensmitteln umgeht, die Ihr verarbeitet, sondern auch den innovativen Weg, die Arbeitsbedingungen in der Gastronomie zu verändern, finde ich sehr beachtlich. Eure Öffnungszeiten sind auch sehr speziell. Beschreibe doch einmal, was ihr sonst noch anders macht und wie es dazu kam.

Ich glaube, viele Dinge aus unserem Alltag sind irgendwie nur ausgedacht oder durch Mindsets geprägt. Wer sagt denn, dass man nur samstags essen geht oder am Sonntag. Mein Geschäftspartner und ich kommen aus der Sternegastronomie, hatten irgendwann keinen Bock mehr und sind dann andere Wege gegangen. Dann haben wir uns gesagt: Wenn wir wieder in der Gastronomie arbeiten wollen, dann müsste sie sich stark verändern. Das wird kein anderer für Dich machen. Also gibt es für Dich die Möglichkeit: Entweder, du nimmst die Missstände hin, du veränderst sie oder du gehst. Wir sind erst gegangen, haben andere Sachen gemacht und uns dann gedacht: Nein, wir verändern es jetzt. Und wir machen es nachhaltig. Nachhaltigkeit teilt sich in unserer Wahrnehmung in drei Teile auf: Ökologisch, ökonomisch und sozial.

Die ökologische Nachhaltigkeit ist uns wohl allen ein Begriff. Wir kaufen gute Lebensmittel, die gut für den Boden, gut für die Produzent:innen, gut für das Klima usw. sind.

Ökonomisch ist aus wichtig: Wenn wir das alles nicht bezahlen können, können wir es auch lassen.

Dann ist da noch das Soziale. Und das ist ein Bereich, der in der Gastronomie oft vernachlässigt wird, auch wenn sich gerade viel tut. Viele Menschen fangen gerade an nachzudenken, weil sie schlicht und ergreifend kein Personal mehr finden. Das ist aber nur Reaktion und nicht Agitation. Die Menschen kommen auf Ideen, weil ihnen Missstände offengelegt werden. Es ist traurig, dass es immer so funktionieren muss, aber so ist es nunmal. Und wir haben gesagt, wir wollen es anders machen. Wir hatten zum Beispiel einen Mitarbeiter, der gerne am Wochenende Fußball spielen wollte und wir haben gesagt: Gut, wir machen dann am Wochenende immer zu. Das kam uns natürlich auch entgegen, denn wir wollen ja auch am Wochenende unseren Freudeskreis haben und unser Team halt auch.

Und so machen wir Gastronomie nicht wirklich anders als vor 100 Jahren, aber anders als noch vor 10 Jahren, indem wir ganzheitlich denken.

Zum Thema Fleischkonsum….

Wir kaufen ganze oder halbe Tiere, d.h. wir haben auch viele Teile, die eine differenzierte Verarbeitungstechnik benötigen. Was aber in der Gastronomie auch nicht mehr beigebracht wird. Heutzutage ist es so: Wenn ich Filet auf die Karte nehme, dann kaufe ich kein ganzes Tier, sondern einen Fleischbeutel. Was damit einher geht, ist ein unheimlicher Wissensverlust für die Auszubildenden. Wir müssen unser Wissen an die Leute weitergeben, die jetzt nachkommen. Das bedeutet auch, dass sie sehen, wie Tiere geschlachtet werden. Denn nur, wenn Du siehst, dass Du ein Leben nimmst für den Konsum, dann kommst du zu einem Bewusstsein.

Man hört im Pausenhoftalk `Die Menschen wissen gar nicht mehr, dass die Tiere für das Fleisch sterben müssen.´ – Doch, das wissen sie schon, aber sie sehen es nicht. Und so funktioniert es mit allem: Aus den Augen, aus dem Sinn. Und an dieser Stelle muss man das Wissen weitergeben: Das Tier stirbt jetzt. Verarbeite es mit Anstand und einer Portion Respekt und sieh vor allem zu, dass du es komplett verarbeitest.

Dann ist es automatisch auch ökonomisch. Denn wenn ich so ein Tier im Ganzen kaufe und klug genug bin, alle Teile zu verarbeiten, dann geht auch der Einkaufspreis rapide herunter. Ich kaufe ein Demeter Tier. Ist zwar mehr Arbeit, ich habe aber sämtliche Abschnitte, die ein Fleischbeutel nicht hat. Die beim Schlachter im Fleischwolf landen und als Hackfleisch verkauft werden. Auch die vielen Knochen kann ich alle auf verschiedenste Weise verarbeiten.

Und die Tiere, die Ihr einkauft, kommen aus dem Umland?

Ja, wie fast alle Lebensmittel. Wir kaufen auch nur aus Landwirtschaft, wo mit dem Boden gut umgegangen wird.

Du gehörst auf jeden Fall in die Ausbildung!

Wir bilden auch aus. Von Anfang an haben wir ausgebildet. Das hört auch zur Nachhaltigkeit.

Ja total. Ich finde auch, wenn man so einen Weg geht, der innovativ aber noch selten ist, dann ist es besonders wichtig, dass Du Dein Wissen auch weitergibst.

Und es ist wichtig, dass es genügend Leute gibt, die es auch mitmachen. In Hamburg gibt es viele Gastronomen, die einen sehr guten Job in der Ausbildung machen, einen sehr guten Job in der Produktbeschaffung machen und sehr innovativ sind. Die sollte man unterstützen, da sollte man hingehen und mit denen sollte man ins Gespräch gehen und auch deren Stimme hören.

Das Bewusstmachen gehört unbedingt dazu. Als ich The Green Garage gesehen habe, ist mir auch an vielen Stellen nochmal klar geworden, was wir durch den Konsum, die Globalisierung der letzten Jahrzehnte, an Wissen über nachhaltiges Handeln verloren haben.

Es geht bei der Sendung aber nicht darum, den Zeigefinger zu erheben. Es geht darum zu sagen: Es gibt Möglichkeiten, bei denen Du was machen kannst. Wenn nur jeder Zweite oder Dritte, der die Sendung guckt (Anm.: Bei einer Verweildauer von ca. 97 %), irgendetwas an seinem Konsumverhalten ändert – und wenn er nur im Winter keine Tomaten mehr kauft – dann hat der Einkauf an sich gar nicht wehgetan, man hat aber etwas Gutes für das Klima getan. Und es war so einfach.

Und wenn Du dann beim Einkauf Deiner Klamotten auch noch überlegst: Brauche ich eigentlich schon wieder eine neue Jeans? – dann hast Du schon etwas verändert und einen guten Job gemacht.

Es ist nicht Deine Schuld, dass die Welt ist, wie sie ist – es wäre nur Deine Schuld, wenn sie so bleibt!

Du brauchst keinen CO2-Erlass zu kaufen, mache Dir einfach die kleinen Dinge bewusst. Wir brauchen keine statischen Lösungen (Anm. gemeint sind CO2-Zertifikate, Nachhaltigkeitssiegel und -Apps) für dynamische Probleme. Probleme zu lösen bedeutet, sie zu verstehen. Was wir nicht tun. Wer versteht schon unser global vernetztes System in Gänze. Wir haben auch Lebensräume, die wir nicht erforscht haben.

Die Darstellungen und Denkanstöße bei The Green Garage sind dazu sehr gelungen..

Ich kenne ja auch nicht die Lösung der globalen Probleme. Aber ich glaube, dass die Ansätze, die wir da vertreten, so schlecht nicht sein können. Jedenfalls machen sie Welt nicht zu einem schlechteren Ort.

DANKE für Deinen Einsatz auf so vielen Ebenen, Marianus!

Ich habe mit Marianus auch noch für Kaffee, Kreide, Morgenspruch über seine Zeit als Waldorfschüler gesprochen und wie er heute auf seine Schulzeit schaut. Auf dieses Interview dürft Ihr Euch zeitnah freuen!

Die Fotos für diesen Beitrag wurden mir von Marianus von Hörsten zur Verfügung gestellt.