Immer wieder begegnen mir Sätze wie „das ist ganz waldorf“ oder „da ist aber nicht viel waldorf“. Daher habe ich vor kurzem mal das Schwarmwissen bei Instagram gefragt, welche Erfahrungen es bei Euch mit dem Adjektiv „waldorf“ gibt.
Fast alle kannten das „Adjektiv“
Sätze, in denen „Waldorf“ als fester Begriff vorkam, kannten deutlich über 90 % derjenigen, die an meiner Umfrage teilgenommen hatten. (Okay, das ist bei meinen Abonnenten eigentlich nicht sehr verwunderlich.)
Und was bedeutet es?
Die Frage war also, was Ihr genau mit „Waldorf“ verbindet und da gab es viele individuelle Antworten, die ich Euch gern hier vorstellen möchte:
Ein Bildungssystem
kindorientiert
Sinn für Ästhetik
Ruhe, Verständnis, Kreativität, Freiheit
Bullerbü
Die ganzheitliche Betrachtung des Menschen
Naturverbundenheit und Respekt
Teil der anthroposophischen Bewegung
Lernen macht Spaß, Elternarbeit, Rhythmus, im Einklang mit der Natur
die Tatsache, dass von 255 Waldorfschulen in Deutschland nur 10 inklusiv arbeiten.
Öko, altbacken
nah am Kind, nah am Bedürfnis
bestimmte Atmosphäre von Räumen
öko, anders, esoterisch, natürlich
bestimmte Sachen, die nur in der Waldorfschule getan oder gedacht werden
keine Rechten Winkel, bestimmte Gestaltung von Räumen
draußen spielen
Denken, kreative Lösungen für Probleme finden
ein Ort mit Zuhause, der friedlich ist
etwas, das der Waldorfpädagogik entspricht, aber tendenziell abwertend
öko, alternativ, esoterisch, versponnen
naturverbunden, altersgerecht, dem Jahreskreis entsprechend
mit Aufmerksamkeit in den eigenen Händen etwas Individuelles herstellen
oft im Sinne von altmodisch verwendet
Anthroposophie
Fazit und Danke 🙂
Also die Vielfalt der Antworten deutet schon darauf hin, dass jede:r im Zusammenhang mit „Waldorf“ anscheinend ein Erleben von (hauptsächlich) Schulen und Kindergärten und sehr persönlichen Eindrücken verbindet, eben individuelle Erfahrungen macht und empfindet. Dies muss ja auch so sein, da jede Einrichtung eine eigene Gründungsgeschichte und ihr eigenes Umfeld hat. Zu dieser individuellen Wirkung der verschiedenen Einrichtungen kommt oft auch noch eine Außenansicht, die von anderen gespiegelt wird.
Für mich heißt es, dass ich tendenziell vorsichtig mit „Waldorf“ als Umschreibung oder Bezeichnung umgehe, da man ja nicht weiß, was das Gegenüber damit verbindet bzw. ob wir auf einem Nenner sind.
Ich danke allen für die Teilnahme an meiner kleinen Umfrage und für Eure Offenheit!
In dieser Woche findet auf Instagram auf Initiative einer lieben Kollegin wieder ein Basar statt, diesmal zum Thema Bücher und Papeterie. Ich stelle daher bei Instagram und hier auf meinem Blog die Bücher von meiner Schwester und mir bzw. von unserer Illustratorin Lena vor.
Über den Basar
Unter @waldorf_kunsthandwerk_basar finden in dieser Woche bei Instagram Buchvorstellungen, online Lesungen und Gewinnspiele statt. Bei mir wird es auch etwas zu gewinnen geben.
Mein Wochenplan
Montag, 9.5.2022: Rosinas Wolle mit Verlosung Dienstag,10.5.2022: Das Kindergartenfreunde-Buch Mittwoch, 11.5.2022: Yoga mit Daniela, dazu auch eine Verlosung Donnerstag, 12.5.2022: Maira, das Brombeermädchen Freitag, 13.5.2022: Fantasiereisen – dazu auch eine neue Fantasiereise in meinem Podcast „Märchen mit Klang“
Ich freue mich, wenn Ihr hier und auf Instagram dabei seid!
Ich freue mich, dass der weltweit tätige online Bildungsverlag Twinkl in seiner deutschen Ausgabe meinen Blog als einen von 15 hilfreichen Blogs, Podcasts und YouTube-Kanäle für Lehrer:innen, Erzieher:innen und Eltern empfiehlt.
Twinkl.at
Der Montagskindblog wird auf Twinkl hier gelistet. Ganz herzlichen Dank!
Für eine schöne Vorfreude auf die anstehende Erdbeerzeit: Pflanzt und gestaltet mit den lieben Kleinen ein Erdbeergärtchen. So verbringt Ihr eine schöne Märchenzeit und bereitet dann gemeinsam, ganz ins Märchen eingetaucht, Eure eigene kleine Erdbeerernte vor.
Das Märchen „die Erdbeerkörbchen“
Ich habe dieses Märchen nacherzählt. Es handelt von zwei armen Kindern, die in den Wald geschickt werden, um Erdbeeren zu pflücken. Doch die vollen Körbchen verschwinden. Welches Geheimnis steckt dahinter?
Pflanzt gemeinsam Erdbeerpflanzen in eine Schale und dekoriert sie mit Schätzen und selbstgebastelten Details, die zu dem Märchen passen. Ein ganz besonderes Schaffen! Das Ergebnis sieht nicht nur schön aus, es erinnert auch beim Pflücken jedesmal daran, dass es so viel Magisches, Unsichtbares, Märchenhaftes gibt!
Ich wünsche viel Freude dabei und eine zauberhafte Erdbeerernte!
Euer Erdbeergärtchen
Ich würde mich sehr auch über Bilder von Euren Erdbeergärtchen freuen und diese mit Euerer Erlaubnis in diesem Beitrag teilen.
Wenn sich über 30 Kinder nach zwei Wochen Ferien wiedersehen, haben sie sich viel zu erzählen. Und selbstverständlich nehmen wir alle Anteil aneinander, jeder möchte schließlich gehört werden und der Klasse von den vielen Eindrücken und Erlebnissen berichten. Damit es eine spannende Erzählrunde wird und sich die Kinder möglichst ausdauernd zuhören, stelle ich Euch hier drei Spiele für den Erzählkreis nach den Ferien vor.
Zuvor aber noch eine kleine Werbung in eigener Sache: Ich bin die Autorin dieses schönen Kartensets für den Schulalltag: Sprechen und Zuhören im Erzählkreis. Hier geht es nicht nur um Erzählanlässe, das Zuhören und die Erweiterung des Wortschatzes der Kinder. Im Schulalltag braucht es gute Gewohnheiten und eine positive Kommunikation miteinander, die letztendlich die ganze Klassengemeinschaft stärkt. Auch mein Lieblingsthema darf natürlich nicht fehlen: Kindern einen Raum für Gott und die Welt zu geben, sie philosophieren zu lassen. Die Karten hat man auch im Eifer des Gefechts übrigens sehr schnell griffbereit 🙂
Jetzt aber zu den Ferienerlebnissen!
Spiel 1: Der Schatz der schönen Momente
Ab Klasse 1: Die Kinder bekommen eine kurze Zeit zum Nachdenken über die Ferien. Welcher Moment war unergesslich? Dieser ist ein Schatz in der Schatzkiste unserer Erinnerung.
Zur Visualisierung kann auch eine kleine Schatzkiste aufgestellt werden. Jedes Kind bekommt ein kleines Steinchen oder eine Perle, erzählt von einem unvergesslichen Ferienmoment und legt die Perle oder den Stein in die Schatzkiste.
Spiel 2: Zweimal wahr, einmal erdacht
Ab Klasse 3/4: Dieses Spiel mag meine Klasse auch sehr. Sie hören gern drei Dinge aus den Ferien ihrer Mitschüler:innen und raten dann, welches Erlebnis wohl erdacht ist. Dabei ist anschließend sowohl eine kleine Abstimmung mit der ganzen Klasse („Publikumsjoker“) denkbar, als auch die Möglichkeit, dass das Erzählerkind zwei oder drei Kinder auswählt, die ihren Favoriten nennen.
Tipp: Beim Spielen hat sich gezeigt, dass sich manchmal einige Auswahlmöglichkeiten wiederholen können, nachdem sie ein paarmal gehört wurden. Ich lasse daher die Kinder nun vorab einzeln drei Dinge aufschreiben, die sie dann später nennen wollen: Zweimal wahr, einmal erdacht.
Spiel 3: Meine Ferien als Bild
Ab Klasse 4: Hier biete ich einfach eine Auswahl verschiedener Bilder an. Sobald ein Kind ein Bild mit einem Ferienerlebnis verbindet, darf es das Bild an sich nehmen. In der Erzählrunde wird dann gezeigt, welches Bild man ausgewählt hat und erzählt, welches Erlebnis man damit verbindet.
Wichtig: Hier sollte die Anzahl der Bilder deutlich größer sein als die Anzahl der Kinder. Dass Bilder doppelt, dreifach oder vierfach vorkommen, macht es besonders interessant! So kann man nämlich hören, welche verschiedenen Geschichten mit ein und demselben Bild verbunden werden.
Meine Bildervorlagen habe ich hier für Euch als Download:
Wie das erste gemeinsame Instrument allmählich seinen Platz in meiner Musikstunde bekommt: Es werden zuerst zwei Rituale eingeführt, das „Aufwecken“ der Flöte und die Pflege. Dann halten so nach und nach die verschiedenen Töne Einzug. Das erste gemeinsame Flötenlied schreibe ich gegen Ende des Schuljahres für jede Klasse selbst.
Vorfreude in Klasse 1
Die Kinder sind eingeschult und bekommen meist die Flöte direkt als Schulausstattung dazu. Es ist natürlich nicht nur interessant, sondern auch wieder ganz Schulkind – groß – , ein Instrument zu spielen. Die Kinder können es meist kaum erwarten und fragen immer wieder, wann wir endlich Flöte spielen. Doch die Flöte fordert auch Einiges von den Kindern und der ganzen Klasse, die schließlich gemeinsam musizieren soll. Daher tasten wir uns Schritt für Schritt an das gemeinsame Instrument heran.
Wir gewinnen die Flöte lieb
Zurück zu dem Moment der Einschulung: Es wird gefeiert, es gibt viele Geschenke für die Kinder und aus dem Kindergartenkind wurde ein Schulkind. Die Bedeutung der vielen neuen Dinge muss sich allerdings erst noch sorgsam erschließen. Daher sollte nicht willkürlich ausprobiert werden. Die Flöte muss ihren ganz besonderen, eigenen Weg zu den Kindern finden. Dazu ganz am Rande: Auch ich entscheide von Stunde zu Stunde, von Gruppe zu Gruppe, wann und wie der nächste Schritt an der Reihe ist. Das ist in keinem Jahr gleich.
Die Stimmung der Kinder
Die Kinder befinden sich in den ersten Schuljahren in der Stimmung der „Mit-Welt“. Sie empfinden, dass alles um sie herum mit ihnen lebt. Die Flöte ist für sie daher grundsätzlich kein Gegenstand, der konsumiert wird, sondern auch das Instrument lebt in gewisser Weise mit ihnen und kann so einen wahren Platz in ihren Herzen finden. Und wenn das geschieht, dann ist das der schönste Beginn einer gemeinsamen Arbeit, den man haben kann.
Wenn ich meine neuen Gruppen kennengelernt und in eine erste passende Arbeitsweise mit ihnen gefunden habe, beginne mit der Einführung der Flötenrituale (meist um die Herbstferien). Die Flöte darf erstmals mitgebracht werden, ein besonderer, ein feierlicher Moment. Sie hat bis dahin sehr lange in ihrem Schlafsäckchen (Flötentasche) geruht und wird zunächst mitsamt ihrer Schutzhülle auf den Schoß gelegt. Wir tasten und fühlen sie von außen, wecken die Flöte ganz sanft auf.
Dann wird das Schlafsäckchen geöffnet und die liebe Flöte vorsichtig herausgeholt. Die Kinder tun dies sehr bedächtig und so geschieht es dabei in der Regel nicht, dass irgendjemand plötzlich willkürlich oder albern in das Instrument pustet und für schrille Töne sorgt. Heißt: Mit schrittweiser, liebevoller Vorbereitung braucht man vorab nicht lang und breit die Flötenregeln zu erklären. Denn es findet in der beschriebenen Atmosphäre einfach von allein in der richten Weise statt.
Zum weiteren Aufwecken braucht die Flöte Handwärme, „so wie alle Wesen auf der Erde, Menschen, Tiere und Pflanzen, die Sonnenwärme brauchen“. Sie wird mit beiden Händen gehalten, eine Hand oben, eine Hand unten. Nun können Flöte und Finger gemeinsam warm werden und dabei schöne Motorikspiele gespielt werden:
Die Flöte wird mit beiden Händen im großen Bogen gedreht (wie ein Propeller, das Wort darf aber nicht fallen), vorwärts und rückwärts.
Die Handflächen werden aneinander gedrückt, dazwischen die Flöte gelegt. Die Hände werden hin und her bewegt, die Flöte dreht sich im kleinen Kreis und wird dabei gehalten.
Auch nur eine Hand (Daumen, Zeigefinger, Mittelfinger) kann die Flöte im großen Bogen drehen, vorwärts und rückwärts, das ist eine ganz besondere Fingergymnastik. Bitte nicht vergessen, die Hand zu wechseln.
Flöten-Handgesten-Spiel: Familie Spatz.
Das ganze Aufwärmspiel (angedeutet, mit Raum für eigene Fingerbewegungen ):
Da sich auch die Flöte erst allmählich an alle Dinge gewöhnen muss, reicht dieses Spiel für den Anfang. Es wird in jeder Stunde wiederholt.
Ein weiteres, schönes Spiel für den Anfang: Man kann die Flöte in die eine Hand nehmen und mit der Unterseite auf die Innenseite der anderen Hand klopfen. Dies ergibt ein sehr angenehmes „Ploppen“, mit dem die Kinder auch gern spielen. Hierzu kann man laut und leise klopfen, silbengemäß zu bestimmten Versen, z.B. von Hedwig Diestel (hier nur ein Auszug, gefunden in dem Buch „Künstlerisches Sprechen im Schulalter“ von Christa Slezak-Schindler, Edition Waldorf).
Mein Pferdchen muss springen, die Wälder durchdringen (…),
Mein Pferdchen geht leise zur Nacht auf die Reise (….)
Solche Verse eigenen sich auch gleichzeitig als rhythmisches Laufspiel. Nach den ersten Spielen braucht die Flöte wieder ihre Ruhe und wird schlafen gelegt. Vor der Ruhezeit wird sie gepflegt. Ich zeige den Kindern zunächst, wie man sie wischt und anschließend bekommt jedes Kind einen Tropfen Flötenöl. Mal aus dem Fläschchen, mal aus einer Muschel, mal mit einem kleinen Tropfen ätherischem Öl. Auch das variiert mit der Zeit.
Atmung, Fingerspitzengefühl und Hörfähigkeit
Damit irgendwann sehr zuverlässig ein gewünschter Ton erklingt, müssen sowohl Haltung und Atmung ,als auch Griffsicherheit stimmen. Hinzu kommen das aktive Lauschen und Einhören: Das eigene Flötenspiel und das zugleich das der ganzen Klasse wahrnehmen, dessen Teil man ist.
Es ist daher sehr wichtig, in jeder Stunde Spiele und Übungen mit den Kindern durchzuführen, die sowohl das Einhören, als auch die Fingerfertigkeit schulen und die Atmung wahrnehmen lassen. Diese müssen nicht unbedingt direkt etwas mit der Flöte zu tun haben. Es gibt viele Handgestenspiele, auch begleitet mit Glöckchen und anderen Klängen.
Zu Beginn einer Stunde sind wir immer in Bewegung: Nach dem gemeinsamen Begrüßungslied folgen meist Rhythmusspiele, ein Reigen oder Klänge in Bewegung. Nach einer Zeit der Bewegung kommen wir ins Stehen. Jetzt ist die Gelegenheit günstig, den eigenen Atem klar zu spüren, innezuhalten, die Hände auf den Bauch zu legen, die Bewegung und Wölbung zu spüren. Die Zunge wird vom Gaumen gelöst, auch einmal durch die Nase geatmet, die Schultern gelockert.
„Wir spüren unseren Atem. Die Flöte braucht ihn wie die Erde den Wind. Wie ruhig wir atmen. Wir dürfen einmal kurz die Augen schließen und unsere Hände auf den Bauch legen.“
Wenn es zur guten Gewohnheit wird, zwischendurch den eigenen Atem zu spüren, wird auch beim Flöten sicherer geatmet. Hier kann man auch viel beobachten: Wer steht unruhig, bläst die Wangen auf, hat die Schultern angezogen….. Vielleicht benötigt es weitere Spiele, die zur Ruhe führen.
Ein Lied, das wir flöten, singen wir auch vorab, was ebenfalls eine gute Hinführung in das Flötenspiel ist.
Nach einer Zeit auf den Beinen dürfen die Kinder sich dann zunächst für die Flötenrituale setzen. Später wird dann wieder im Stehen geflötet. Die Erdung, die gerade Haltung, sind wichtig.
Zum Stundenende folgt dann wiederum ein Schleichspiel, Klangschalen– oder Klangkugelspiel und wir verabschieden uns mit einem Lied.
Die Musikstunde, der Raum und andere Rahmenbedingungen
Ihr habt sicherlich bemerkt, dass der Raum einer Musikstunde viel ausmacht. Ich mag gern Räume mit viel Bewegungsfreiheit. Doch dies ist nicht immer gegeben. Dann muss ich sehen, was im Klassen- oder Musikraum möglich ist .
Corona mit vielen Einschränkungen (Flötenverbote, feste Sitzordnung etc.) hat es in den letzten Jahren auch nicht immer leicht gemacht. Doch letztendlich findet man immer einen Weg, wie man die Kinder auf das einstimmen kann, was später ein schönes gemeinsames Musizieren ist!
Das erste eigene Flötenstück
Das erste gemeinsame Flötenstück richtet sich danach, wie weit wir gegen Ende des ersten Schuljahres mit unserer gemeinsamen Arbeit sind. Dies hängt auch etwas davon ab, ob die Erstklässler:innen morgens im rhythmischen Teil auch einmal die Möglichkeit bekommen zu üben. Da ich selbst Klassenlehrerin bin, kann ich dies nicht selbst begleiten.
Zurück zum Thema: Kleine Melodien beim Erlernen der Töne ergeben sich natürlich vorab auch schon. Doch für ein erstes, größeres Stück überlege ich mir immer etwas Passendes für die Klasse, das gut zu bewältigen und auch ein Ausblick auf die Vertiefung des Flötenspiels im zweiten Schuljahr ist. Das ist eine kleine Melodie aus beieinander liegenden Tönen, dazu ein schöner Text, so dass man das Lied singen und flöten kann. Oft ist es auch Teil einer kleinen Geschichte, die ich erzähle und hat etwas mit dem Sommer zu tun – Schmetterlinge, Marienkäfer, Sonnenstrahlen oder ein kühler, plätschernder Bach kommen gern darin vor.
Jede:r gestaltet es anders
So hat es sich bei mir entwickelt, das erste Schuljahr des Musikunterrichts zu gestalten. Bitte nicht als „Standard“ sehen, denn wir Waldorflehrer:innen sind ja unterschiedlich und haben einige Freiheiten in der Unterrichtsgestaltung. Und wer weiß: Vielleicht sieht mein erstes Musik-Schuljahr in 10 Jahren auch anders aus 🙂 Daher – Stand April 2022.
Heute war es mal wieder so weit: Das neue Tafelbild mit drei verschiedenen Tintenfischen ist vor den Augen der Kinder entstanden. Warum das eine schöne Sache ist, was dabei die Herausforderungen sind und weshalb es meiner Ansicht nach nicht schlimm ist, wenn mal nicht jeder Kreidestrich perfekt sitzt, könnt Ihr hier erfahren.
Das Tafelbild als Kunstwerk
Die meisten Tafelbilder entstehen bei mir am Wochenende. Ohne Zeitdruck, voll und ganz ins Malen eingetaucht. Das ist auch gut so, denn ich bin keine großartige Malerin. Da ist es praktisch, wenn man genug Zeit hat und auch mal korrigieren kann. Oft halte ich zwischendurch inne, gehe ganz nach hinten in den Raum und schaue mir aus der Entfernung den Arbeitsstand ganz in Ruhe an: Stimmen die Proportionen? Wie wirken die Farben? Ist das Gesamtbild harmonisch?
Tafelbilder sind geplant, vorgezeichnet, ich trage meist gemütliche Kleidung – die ich im normalen Schulalltag nie tragen würde – und bin dabei oft der einzige Mensch im Schulgebäude. Ist das Bild fertig und ich zufrieden, freue ich mich, wenn die Kinder am nächsten Schultag in die Klasse kommen und staunen – und die Kinder freut es ebenso. Oftmals malen sie das Tafelbild dann auch ab, um es als Titelbild auf ihr Epochenheft zu kleben oder einfach, weil sie es schön finden und auch selbst einmal malen wollen.
Den Prozess erleben
Die Kinder lassen sich gern überraschen, aber mindestens genau so schön und spannend ist es für sie, wenn sie miterleben dürfen, wie so ein Bild entsteht. Dabei können sie auch selbst mit malen, jeden Kreidestrich genau wahrnehmen und auf das eigene Bild übertragen. Auch hier gibt es immer Momente des Staunens, wenn aus wenigen Kreidestrichen etwas Schönes entsteht – und es den Kindern Schritt für Schritt auch selbst gelingt, das Motiv zu malen.
Worauf es ankommt
Malen die Kinder mit, muss das Bild einigermaßen einfach zu malen sein. So ist man als Lehrerin nicht nur selbst ein Stück weit sicher, dass das Bild auf Anhieb gelingt, sondern führt auch die Kinder zum Erfolg. Das Malen sollte auch nicht länger als 30 Minuten dauern, sonst wird es schnell unruhig in der Klasse (am Wochenende und ohne Publikum können es auch gut und gerne mal 2 Stunden und mehr sein).
Mit mehr als 30 Kindern im Raum muss man auch eigene Abstriche in Kauf nehmen – man kann nicht voll und ganz in die künstlerische Arbeit versinken, sondern muss immer auch einen Blick auf die Kinder haben: Kind A malt ganz in Ruhe für sich, Kind B kommt gerade nicht weiter und braucht ein bisschen Hilfe, Kind C schaut links und rechts, wie die anderen Kinder malen, beginnt aber selbst noch nicht…. so ist es im Schulalltag und das beeinflusst selbstverständlich auch das Malen an der Tafel. Manchmal muss dann auch unterbrochen und neu in das Bild eingefunden werden.
Perfekt unperfekt
Der eine Arm des Oktopus ist irgendwie dicker geworden als die anderen, die Krabbe sieht etwas spinnenartig aus – mit allen im Raum ist es nun einmal schwieriger, das perfekte Tafelbild zu zaubern, aber darauf kommt es auch gar nicht an. Wir Erwachsenen können Schwächen vor den Kindern zeigen, ohne uns zu blamieren. Vielmehr sind wir so authentisch. Bei den Kindern bleibt in Erinnerung: Sie konnten mittun, kleine Zeichenkniffe lernen und sich an einem schönen Gesamtkunstwerk erfreuen – Details hin oder her.
Hier eine Impression des heute entstandenen Tafelbildes
Tafelbilder bei Kaffee, Kreide, Morgenspruch
Für alle, die unseren Podcast noch nicht kennen: Das Thema Tafelbilder haben Dustin und ich vor genau einem Jahr, im März 2021, in der Folge „Tafelmalen und Formenzeichnen“ besprochen. Hier ist auch der Blogartikel dazu bzw. die Podcastfolge:
Warum ich vor 6 Uhr morgens schon blogge, sich das Montagsmärchen verspätet und wie sich unsere kleine Morgenroutine mit dem Friedensritual entwickelt.
Die letzten Tage hatten es in sich und haben unseren Alltag ziemlich auf den Kopf gestellt – wenn`s mehr nicht ist! Innerhalb von 24 Stunden habe ich mein Arbeitszimmer aufgelöst und einer geflüchteten Dame zur Verfügung gestellt. Nun gilt es, Schulorganisation, Blog und Podcasts etwas zu verlagern – wenn` s mehr nicht ist!
Werte verändern sich
Es ist hier also gerade etwas turbulent und der Google Übersetzer ist unser ständiger Begleiter, Freund und Helfer 🙂 Man spürt aber schon, wie die Dinge beginnen, sich einzupendeln. Und auch, dass Werte sich verschieben. Ich bitte daher in diesen Tagen um etwas Geduld mit meinen außerschulischen Projekten.
Friedenswünsche in der Schule
Unser neues Morgenritual, die Friedenskerze anzuzünden und sie jeden Tag auf einem anderen Schülertisch aufzustellen, wird sehr gern angenommen. Danach folgt das Friedensgebet von Franziskus. Gestern haben wir auch darüber gesprochen, dass dies selbstverständlich nicht das einzige Friedensgebet ist und sich alle Religionen den Frieden wünschen. Daher spricht ab dieser Woche auch mein lieber Kollege ein muslimisches Friedensgebet für meine Klasse – erst auf arabisch, danach auf Deutsch. Wir möchten die Friedensgebete der Welt kennenlernen! Und ich hoffe, dass wir mit der Zeit auch eigene Worte finden, denn Gebete sind ja auch etwas zutiefst Persönliches. Doch eins nach dem anderen.
Für unser Freiarbeitsregal, wo es neben allgemeinen Übaufgaben auch ein Fach für Konzentration gibt, habe ich drei Mandalas erstellt, die ich auch gern hier teile:
Nach dem verlängerten Wochenende war heute das erste Wiedersehen mit meiner vierten Klasse. In der Zwischenzeit haben sich die Nachrichten aus dem Kriegsgebiet überschlagen. So gingen mir auch viele Fragen durch den Kopf: Wie wird das Thema bereits unter den Kindern zur Sprache kommen und wie möchte ich damit umgehen? Wer ist vielleicht sogar durch Familie und Freunde persönlich betroffen? Oder ist das Thema doch noch ganz fern?
Selbst gedanklich sortiert sein
Das war zugegebenermaßen die erste große Herausforderung, denn meine eigenen Gedanken kreisen ja auch permanent. Innerlich habe ich mich zudem auf viele Szenarien beim Wiedersehen mit den Kindern eingestellt. Von „mit der Tür ins Haus“ bis hin zu „lieber nicht“.
Türöffner: Wie beginnt man ein solches Thema?
Ich habe zuerst die Kerze angezündet und an Franzikus und seine Friedensbotschaft erinnert. Daran denken die Kinder gern zurück (Thema im zweiten Schuljahr). Und wir haben daran gedacht, dass diese wundervolle Botschaft durch alle Zeiten hinweg für alle Menschen dieser Welt bestehen blieb und bleibt, Trost spendet. Mehr noch: Diese Friedensbotschaft wird heute wieder ganz besonders gebraucht.
An diesem Punkt war die Aufmerksamkeit der Kinder sehr groß. Ein guter Moment, um selbst aufmerksam in die Runde zu blicken, wie es jedem Kind in der Klasse heute geht. Einzeln kurz wahrnehmen. Ich habe danach das Friedensgebet gesprochen, die Kinder haben es bedächtig mitverfolgt und teilweise auch schon selbst etwas mitgesprochen.
Herantasten
So war der Raum für das Thema vorsichtig geöffnet. Man konnte hineinschauen, hineingehen – oder eben nicht. Vielleicht auch noch nicht heute, aber morgen. Oder an einem anderen Tag. Die Gewissheit, dass die Möglichkeit besteht, ist da. Die Kerze und das Friedensgebet sind da. Dazwischen heißt es:
In den Medien geht, begleitend zu den schrecklichen Kriegshandlungen in der Ukraine, geradeganz stark die Frage um, wie wir unseren Kindern „den Krieg erklären“ sollen. Das Thema ist dabei nicht nur in den sozialen Medien präsent, sondern hat es auch in meinen täglichen Nachrichtenpodcast und in die großen deutschen Tageszeitungen geschafft. Hier sind nun meine Gedanken dazu.
Unbedingt erklären?
Es wird dabei diskutiert, wie man selbst Dreijährigen die aktuelle Lage erklären sollte. Meine Haltung dazu ist: Ich erkläre, wonach ein Kind fragt oder ich gehe sehr sensibel ins Gespräch, wenn ich erkenne, dass es das Thema gibt – wenn auch bislang unausgesprochen. Dann kann übrigens bei jüngeren Kindern eine sinnige Geschichte gut helfen.
Doch zunächst muss ich erst einmal ganz genau zuhören oder auch schauen, was die Kinder spielen. Was hat das Kind aufgeschnappt, was beschäftigt es davon? Darauf muss man eingehen. Ich muss aber kein grundsätzliches „Aufklärungsgespräch“ über Krieg führen und keinem kleinen Kind erklären, wenn es nicht gezielt nach etwas fragt (das ist meine Meinung). Wir Erwachsenen sollten unsere Gespräche und unseren Nachrichtenkonsum auch mit Bedacht handhaben, nicht vor den Augen und Ohren unserer Kinder. Ich weiß, das tut nicht jede:r, daher wird es sicherlich auch schon bei jüngeren Kindern Fragen geben. Kinder erzählen sich eben untereinander, was sie gehört haben, verarbeiten im gemeinsamen Spiel und das wird auch alles mit nach Hause gebracht. Und die Kinder spüren auch, wie es uns mit dem Thema geht. Trotzdem: Erst einmal da sein und zuhören, was dazu von den Kindern kommt und darauf kann man dann eingehen.
Gegen die Ohnmacht „Wir können da nichts tun“
Wir können etwas tun! Jeder kann ein Vorbild des Friedens sein. Frieden fängt in uns selbst an, ein bewusst friedlicher Umgang gehört in Familie, Freundeskreis und Schule bzw. Kindergarten. Darauf können wir achten. Die Kraft guter Gedanken, den inneren Frieden, an die Kinder heranzutragen, ist ein ganz besonderer Beitrag für die Zukunft. Von daher gehören gute Gedanken, Mantren und Gebete in meinen Augen zu einem Vorbild des Friedens.
Albert Schweitzer hat es so ausgedrückt:
Gebetskärtchen als Download
Hier habe ich einmal das Friedensgebet von Franziskus von Assisi so aufgeschrieben, dass es gut von der ganzen Familie oder in der Schule gesprochen werden kann, als Gebetskärtchen zum Ausschneiden. Da wir im zweiten Schuljahr auch eine Epoche über Franziskus von Assisi hatten, ist er den Kindern als Vorbild des Friedens und der Liebe bereits bekannt. Für Kinder oder Familien, die sich noch nicht mit Franziskus näher beschäftigt haben, ist hier ein Link zu einem schönen Kinderbuch für die Kleinen (Bilderbuch, ab 3 Jahre) bzw. ein Link zu einem Buch über Franziskus, das Kinder im Grundschulalter auch gut selbst lesen können. Das ist sehr passend zum Vorlesen und Anschauen in dem Zusammenhang, aber natürlich auch kein Muss, nur eine Empfehlung. Hier die Gebetskärtchen:
Wenn viele kleine Menschen an vielen kleinen Orten viele kleine Dinge tun…. Selbst spenden, Spenden sammeln, Hilfsprojekte unterstützen und in jeder Hinsicht Vorbild sein.