Nach unserer gemeinsamen Themenreihe über die Aufnahme und Einschulung an der Waldorfschule hat sich wiederum eine Gruppe Waldorflehrer:innen gefunden, um über die Klassenlehrerzeit, die dann ins zweite Jahrsiebt fällt, zu schreiben. Hierzu auch wieder ein Gastbeitrag von Kerstin Gruler-Fuchs.
Heute möchte ich mit unserer neuen Themenreihe „Das zweite Jahrsiebt“ starten. Nachdem im ersten Jahrsiebt die Grundhaltung zum Kind “ die Welt ist gut“ galt, ist es im zweiten Jahrsiebt“die Welt ist schön.“
Eine Haltung, die schon gut beschreibt was in der „Mitte der Kindheit“ um das Kind herum passiert. Laut Rudolf Steiner passieren tiefgreifende Entwicklungsschritte: Die Entwicklung der Sinne beispielsweise ( hier gibt es in der WP noch fünf weitere ) .
Das Kind möchte seine Umgebung immer mehr verstehen und durchdringen.
Ein Stück mehr im eigenen Körper angekommen, werden nun wieder Lebenskräfte frei, welche die Reifung des Seelischen und Geistigen voranbringt.
In dieser Zeit finden die sogenannten Schwellenjahre statt. Die Temperamente entwickeln sich, der Rubikon, die Vorpubertät sind solche Ereignisse, durch deren Herausforderung Kinder reifen können und Selbstbewusstsein erlangen.
Die Welt ist schön
Die Welt ist schön, soll nicht eine heile Welt vorspielen und die wahre Sicht auf die Dinge verzerren, im Gegenteil. Die Gabe, in allem das Schöne zu sehen, stärkt die Herzenskräfte.
Den Kindern beispielsweise die Natur oder das Zusammenleben zwischen Menschen in all ihrer Schönheit zu zeigen, lässt Liebe für die Welt und das Leben entstehen. Es geht also nicht darum, das weniger Schöne auszublenden, sondern in dem, wie es ist, das Schöne zu finden.
Eine unterstützende und liebevolle Begleitung auf körperlicher, seelischer und geistiger Ebene ist für diese Entwicklungsphase besonders wichtig.
Nun dürft ihr euch auf die kommenden Tage freuen in welchen noch viele interessante Beiträge zum Thema folgen werden (Anmerkung: Instagram #daszweitejahrsiebt).
Nachdem sich die große Aufregung um den neuen Lebensabschnitt „Schulkind“ gelegt, die Kinder ihre ersten Schuljahre gemeistert haben und weiter herangereift sind, tritt ab dem dritten Schuljahr bald eine große neue Veränderung ein, die im vierten Schuljahr vollendet wird: So wie Caesar den Rubikon überschritt und keine Rückkehr mehr möglich war, beenden die Kinder einen ersten Abschnitt ihrer Kindheit unwiederbringlich.
Eine nahezu plötzliche Veränderung
Oft geschieht es rasch: Ein Kind, das immer so fröhlich gespielt hat, wirkt auf einmal ernst und in sich gekehrt. Auch der Blick hat sich verändert. Wir werden genau angesehen, fast geprüft. Die natürliche Nachahmung verschwindet, die Dinge werden nicht mehr einfach so hingenommen. Fragen entstehen, das Gerechtigkeitsgefühl erstarkt, es wird hinterfragt, was vorher selbstverständlich war. Gefühle geraten ins Schwanken.
Diese plötzliche Veränderung zieht einen neuen Prozess nach sich, auf den sich Eltern einstellen sollten.
Was ist geschehen?
So wie im dritten Lebensjahr das Bewusstsein für die eigene Persönlichkeit erwacht und die Kinder anfangen, zu sich selbst „Ich“ zu sagen, erwacht jetzt das gefühlsmäßige Erleben der eigenen Persönlichkeit, des eigenen Schicksals. Aus dem fröhlichen Hier und Jetzt wird ein fragendes „warum bin gerade ich genau hier?“ und „wo komme ich her?“ Das führt auch dazu, dass die Kinder sich manchmal unverstanden fühlen und verletzlicher sind.
Neue Situationen
Manche Kinder hinterfragen bei kleineren Streitigkeiten in der Familie mitunter ihr Zuhause, wollen weglaufen, packen sogar schon ihren Koffer. Andere wollen alles über ihre Schwangerschaft und Geburt wissen oder äußern die Frage, ob sie adoptiert sind. Sie betrachten sich ausgiebig im Spiegel und bemerken: Das bin ich – und doch wieder nicht.
Neben Kindern in Krisenstimmung gibt es aber auch nicht wenige Kinder, die in diesem Abschnitt, der Mitte der Kindheit, ganz neue Lebensenergie verspüren und eine große Tatkraft und Entdeckerfreude entwickeln. Dies passt dann auch zu dem größeren Wachstumsschub, der sich in diesem Alter vollzieht.
Veränderte Bedürfnisse und die Antwort der Waldorfpädagogik
Diese Veränderung der Kindheit führt auch zu veränderten Bedürfnissen. Die Kinder benötigen jetzt
eine noch intensivere Gesprächskultur mit Erwachsenen, die ihnen aufrichtiges Interesse entgegenbringen und mit ganzem Ohr zuhören.
eine Fehlerkultur, die nicht angstbehaftet ist, sondern die aus Fehlern einen Erkenntnisgewinn zieht.
Erwachsene, die Versprechen halten und die ebenso darauf achten, dass auch die Kinder sich an Verabredungen halten.
viel künstlerische Betätigung und kreative Entfaltung. Oft ist dies ein guter Zeitpunkt, um ein neues Instrument zu lernen.
Naturerlebnisse, Entdeckung der Pflanzen, Pflege der Tierliebe. Die Kinder entwickeln einen neuen Blick in die Welt!
Die eigenen Kräfte spüren: Das Alter ist ideal, um neue Sportarten und Freizeitaktivitäten zu entdecken.
Freundschaften pflegen: Jetzt bekommen Freundschaften eine neue Tiefe und Wichtigkeit. Wessen Freund:in bin ich? Mit wem kann oder möchte ich gern befreundet sein? Dazu brauchen die Kinder Gelegenheit, unverplante Zeit miteinander zu verbringen.
An der Waldorfschule plant der/die Klassenlehrer:in nun Epochen, die inhaltlich an diesen Bedürfnissen anschließen. Hier einige Klassiker: Die Ackerbauepoche – wieviel Arbeit an der Erde und der Ernte stecken in unserem Brot? Bruchrechnen – die ganzen Zahlen gehen zu Bruch und werden auf neue Art entdeckt. Heimatkunde – mein Zuhause, meine Stadt, meine Region. Erste Grammatik – unsere Sprache wird erforscht.
Was folgt nach der Mitte der Kindheit?
Ab dem 12. Lebensjahr bemerkt man eine körperliche Schwere, begleitet von weiteren Wachstumsschüben. Die Vorpubertät setzt ein, die Hormonproduktion läuft. Die Kindheit neigt sich allmählich dem Ende zu. Nun ist es wichtig, dass wir in der Mitte der Kindheit viele gute Dinge angelegt haben, von denen die Kinder auf dem Weg zum Erwachsenwerden zehren können. Denn sie stehen bald auf eigenen Beinen.
Weitere Artikel auf dem Montagsblog zum Thema Rubikon und Mitte der Kindheit
Raumstruktur, Flexibilität und Miteinander – in vielen Klassenzimmern sind die Bänkchen, das Bochumer Modell, nicht mehr wegzudenken. Es bietet viele Möglichkeiten, die einzelnen Unterrichtsphasen zu gestalten und vor allem eins: Kinder in Bewegung.
Über die Bänkchen als Klassenzimmermobiliar
Sie können von den Kindern selbst umgestellt werden können.
Sie sind stapelbar und damit kann bei Bedarf viel Platz geschaffen werden.
Dreht man sie um, hat man einen kleinen Balancierbalken, der aber auch als Hürde eingesetzt werden kann.
Die Sitzfläche ist groß genug, dass sie Kinder sie auch als Tisch benutzen können, wenn sie frühstücken oder arbeiten. Es passen gut zwei aufgeschlagene Epochenhefte im Querformat darauf.
Kinderleicht verstellt und viel gewonnen
Die Bänkchen sind vielfältig und das Beste ist: Die Kinder stellen sie selbst um. Dabei spüren sie ihre Kräfte und das zu tragende Gewicht sorgt erst für erhöhte Körperspannung, danach für ein Gefühl der Entspannung. Außerdem üben die Kinder, miteinander zu arbeiten – immer zwei stellen ein Bänkchen, während dies um sie herum abe auch auch alle anderen Kinder tun. Am Ende muss eine Formation für die ganze Klasse stehen: Möglichst zügig und ganz sicher ohne Kollisionen.
Alle helfen mit und das ist eine kleine soziale Herausforderung: Wenn zwei Kinder ein Bänkchen tragen, dabei darf das eine Kind nicht schneller oder langsamer laufen als das andere Kind. Und wenn zusätzlich die ganze Klasse gleichzeitig alle Bänkchen verstellt, muss man auch einmal warten oder andere vorbeilassen, bis das Bänkchen am gewünschten Ort abgestellt werden kann – auch wenn man gern selbst schon dorthin möchte. Ein anderes Mal ist man aber auch schnell fertig und kann vielleicht noch anderen dabei helfen, ihr Bänkchen richtig zu platzieren – oder einfach mit schauen, ob die Formation insgesamt gut steht.
Das Umstellen der Bänkchen ist aber nicht nur eine kleine soziale Bewegungseinheit zwischendurch, es erfordert und schult auch die räumliche Orientierung im Klassenzimmer. Die Sitzordnung wird stets eingehalten und auch an dieser Stelle ist spürbar, dass es verlässliche Regeln und eine jederzeit schützende Ordnung in der Klasse gibt. Jedes einzelne Kind darf sich sicher, selbstwirksam und selbständig fühlen.
Die alltäglichen Formationen
Die verschiedenen Bänkchen-Formationen geben den verschiedenen Phasen der Epochenzeit ein „Gesicht“ im Raum. Und natürlich ist die jeweilige Struktur auch sehr hilfreich.
Parcours
Manche Kolleg:innen starten mit einem kleinen „Begrüßungsparcours“, der die Kinder jeden Tag neu in die Klasse einlädt.
Morgenkreis, gemeinsame Erarbeitung
Die erste Formation ist dann der Morgenkreis. Vieles wird auch gemeinsam in der Kreismitte erarbeitet, ausprobiert und angeschaut.
Reihen
Wenn jedoch an der Tafel gearbeitet wird und abgeschrieben werden muss, bieten sich die Reihen an. Hier müssen die Kinder dann wissen, in welche Reihe und an welche Stelle ihr Bänkchen stehen muss.
Das ist nur eine kleine Auswahl. Der Kreativität und den Möglichkeiten sind praktisch kaum Grenzen gesetzt.
Die Kissen sind eine schöne Ergänzung.
Sie können zum Sitzen flach und hochkant genutzt werden. Außerdem sind sie auch für eigene Spiele z.B. als Flusssteine oder zum Bau einer Höhle, in Kombination mit den Bänkchen, zu verwenden
Meine Erfahrung: Vor- und Nachteile
Die Vorteile sind ja bereits klar dargestellt: Die Bewegungs- und Körpererfahrungen, die Tages- und Raumstruktur, das soziale Miteinander. All das möchte ich nicht missen und würde es in den Schuleingangsklassen auch jederzeit befürworten.
Ich habe bei meiner Arbeit aber auch beobachtet, dass manche Kinder sich auch einmal zwischendurch richtig anlehnen wollen. Das ist an den Bänkchen so nicht immer möglich. Daher habe ich die Kinder bei bestimmten Übungen auch manchmal Rücken an Rücken sitzen und sich gegenseitig anlehnen lassen.
Zudem hatte ich hinten in meiner Klasse immer auch einen kleinen Gruppenarbeitsplatz aus zwei kleinen Doppeltischen mit Stühlen aus dem üblichen Schulmobiliar eingerichtet. Diese Plätze wurden in Arbeitsphasen bei Bedarf flexibel genutzt, ansonsten wurde auf den Tischen auch mal etwas zum Betrachten ausgestellt.
Insgesamt – Ihr merkt es – bin ich ein großer Fan des bewegten Klassenzimmers. Schreibt mir auch gern von Euren Erfahrungen!
Heute geht es in unserer Themenreihe „Aufnahme an der Waldorfschule“ um die Auswirkungen, die eine für das Kind zu frühe Einschulung haben kann. Ein Gastbeitrag von Wiebke Vos.
Heranreifen im letzten Kindergartenjahr
Das Einschulungsalter wurde in den vergangenen Jahren von staatlicher Seite aus mehrfach vorgezogen. Dagegen können auch Waldorfschulen nur geringfügig vorgehen, obwohl gerade das letzte Kindergartenjahr oft als sehr wichtig angesehen wird. Hier findet eine wesentliche Abrundung der Entwicklung statt, die Kinder gewinnen an Selbstvertrauen und entwickeln neue Energiepotentiale.
Im Idealfall wird in diesem Jahr die erste Reifestufe der leiblichen Entwicklung erreicht, wonach die Kräfte für das intellektuelle Lernen frei werden.
Kinder lernen durch Erleben
Davor können sensorische Primarerfahrungen gemacht werden, die dabei helfen, die Welt zu verstheen. Kinder lernen durch Erleben. Danach können sie sich etwas vorstellen, ohne es zu erfahren. Das ist ein wichtiger Schritt zur Schulreife.
Bei Mädchen setzen die entscheidenden Entwicklungsschritte etwa ein halbes Jahr früher ein als bei Jungen (IPSUM-Studie). Bei vielen Kindern wird bereits mit fünf Jahren eine gewisse intellektuelle Reife festgestellt. Jedoch wird die soziale Reife oft nicht ausreichend berücksichtigt. Körperliche und seelische Reife liegen oft weit auseinander.
Jung eingeschulte Kinder sind dadurch oft weniger belastbar, weniger flexibel genug und haben Schwächen im Sozialen. Bei einer frühen Einschulung, also auch bei Forderung von staatlicher Seite danach, werden oft nur die kognitiven, nicht aber die entwicklungspsychologischen Gegebenheiten berücksichtigt.
Das freie Spiel
Das primäre Bedürfnis des jungen Kindes ist das freie Spiel: Bewegung, Naturerfahrung, Handwerkern, musizieren – aber nicht angeleitet. Nach diesem Bedürfnis muss der Unterricht auch für junge Kinder angepasst werden. Dafür müssen Lehrer:innen in der Pädagogik des ersten Jahrsiebts mehr geschult werden, um adäquate Bildungsangebote schaffen zu können.
Die Frage, die sich stellt, ist dann jedoch: Wie kann die Lern- und Bildungsqualität, die im freien Spiel liegt, in dem Rahmen Schule angemessen und fruchtbar angeregt werden und dabei gleichzeitig auch älteren Kindern gerecht werden?
Ein Gastbeitrag zur Aufnahme an der Waldorfschule von Frauke Beckers.
Was erwartet euer Kind am Tag der Aufnahme an der Waldorfschule?
Nachdem ihr die Anmeldung für euer Kind an der Waldorfschule eurer Wahl ausgefüllt habt und nachdem ihr die Schule bei öffentlichen Veranstaltungen besucht, über Waldorfpädagogik recherchiert und Gespräche mit anderen Eltern und Mitarbeitern der Schule geführt habt, werdet ihr eines Tages von der Schule zum Tag der Aufnahme eingeladen.
Nun fragt ihr euch:
Was passiert an diesem Tag?
Wie bereiten wir unser Kind am besten darauf vor?
Mein Tipp:
Erzählt eurem Vorschulkind, dass es an diesem Tag mit anderen Kindern im gleichen Alter Schulkind an einer richtigen Schule mit einer echten Lehrerin spielen darf. Dann lasst euer Kind einfach es selbst sein.
Für euer Kind kann es – je nach Schule – eine Untersuchung durch die/den anthroposophische/n Schulärztin/-arzt geben mit verschiedenen Fragen/Übungen/Untersuchungen zur kindlichen Entwicklung mit dem Ziel, die körperliche Schulreife festzustellen.
Dann gibt es zur Betrachtung der emotionalen und sozialen Schulfähigkeit in der Regel ein Unterrichtssetting in einer Kleingruppe, auch genannt: Die kleine Schulstunde.
Was euer Kind dabei in etwa erwartet, zeige ich euch in den Bildern.
Es unterscheidet sich natürlich immer von Lehrperson zu Lehrperson und von Schule zu Schule. Auf jeden Fall wird alles spielerisch und altersgemäß in einen schönen Gesamtrahmen gepackt.
Ich wünsche eurem Königskind einen wunderschönen Probeschultag mit viel freudiger Aufregung, neuen Bekanntschaften und positivem Schulzauber🪄🌻!
– Frauke Beckers; Klassenlehrerin und Autorin bei wachsmalbloeckchen.de –
Als Lehrerin im Aufnahmegremium habe ich schon viele Vorschulkinder empfangen dürfen. Zu Beginn betraten die Kinder oft etwas zögerlich den Raum und entlassen durfte ich sie 40 Minuten später jedes Mal wieder mit leuchtenden Augen, scheinbar ein großes Stück gewachsen und mit einem fröhlichen „Auf Wiedersehen, Frau Beckers“. Bei den Eltern sprudelte dann förmlich aus ihnen heraus, was sie heute alles Tolles in der Schule gelernt haben😍
Am heutigen Tag unserer Themenwoche „Aufnahme an der Waldorfschule“ geht es um die Spielreife. Hier hat Kathrin Schuster von @beziehungskunst.weimar (Instagram) die wichtigen Entwicklungsschritte in den ersten Lebensjahren dargestellt und aus anthroposophischer Sicht beleuchtet. Ich möchte einmal dazustellen, welche Möglichkeiten ein spielerisch-künstlerischer Ansatz bietet, den Übergang vom Kindergarten in die Schule zu gestalten.
Kinder im ersten Jahrsiebt
Hier hat Kathrin auch sehr die innere Haltung, mit denen wir Kindern begegnen sowie passend dazu die drei wichtigen Entwicklungsstufen – das Gehen-, Sprechen- und Denkenlernen -herausgestellt. Ich mag sehr ihr Zitat „Das Kind spielt sich durch die frühe Kindheit“. Dazu braucht es für sich eine Umgebung, die Ruhe, Versorgung, einen verlässlichen und rhythmischen Tagesablauf sowie Sinneserfahrungen bietet. Kinder verarbeiten Erlebtes oder Gesehenes aus dem Inneren heraus durch ihr Spiel.
Das ist im Grunde die zentrale Herausforderung für einen gelungenen Schulanfang. Denn in der Schule wirken viele neue Inhalte von außen ein. Kathrin schlägt vor, dass Kindergärten und Schulen sich im Vorfeld mehr besuchen und austauschen sollten. Das wäre sicherlich hilfreich. In meinem Fall muss ich aber auch sagen, dass ich innerhalb meiner Klasse mehrere Kindergärten im Einzugsbereich hatte und es mir dazu als 8.Klass-Lehrerin im Vorfeld leider nur sehr begrenzt möglich war, in einen größeren Austausch zu kommen.
Dennoch ist es möglich, den Schulanfang so zu gestalten, dass das Spielerische mit Künstlerischem versehen und so äußere Vorgaben umgesetzt werden können.
Vom Spiel zur Kunst
Das Spielen ist für Kinder eine ersthafte Angelegenheit und damit kein Lustprinzip in der Form, wie wir Erwachsenen es erleben, wenn wir uns Zeit für eine Partie unseres liebsten Karten- oder Brettspiels nehmen. Kinder setzen sich im Spiel sehr ernsthaft mit ihrer Umwelt und ihren Vorbildern auseinander. In der Phase des Übergangs ist nun darauf zu achten, dass die Nachahmungskräfte einbezogen und sich das Spielen aus dem Inneren heraus auch kreativ, in künstlerischer Weise mit neuen Inhalten verbinden kann.
Wenn etwa gemeinschaftlich gebaut wird, bedarf es schon einiger äußerer Vorgaben, aber auch gleichzeitig eigener Ideen bei der Übernahme von Arbeiten. Dazu sind neben Geschicklichkeit auch das Treffen von Absprachen und die Zusammenarbeit mit anderen wichtige Lernfelder.
Bei Gruppenspielen werden Rollen wie Fänger, Verstecker usw. übernommen und auf eigene Weise ausgefüllt.
Noch mehr geschieht dies durch szenische Darstellungen bei kleinen Theaterspielen. Dabei werden auch Sprache, Sprechen und Gesten eingeübt und erarbeitet.
verschiedenste Bewegungsabläufe wie Schleichen, Hüpfen, Rennen, in die Hocke gehen, jemanden antippen usw. werden geübt und auf eigene Weise passend nach bestimmten Regeln und Signalen eingesetzt.
Beim Malen oder Plastizieren müssen zwar auch bestimmte Inhalte beachtet werden, es kommt jedoch auch wiederum eine größere Freiheit bei der inneren Betätigung hinzu.
Mit einem geschulten Blick für den Entwicklungsstand der Kinder lässt sich auf diese Weise ein Unterricht gestalten, der die Notwendigkeit und Ernsthaftigkeit des Spiels berücksichtigt, Freiraum für Kreativität lässt und gleichzeitig Inhalte an die Kinder heranführt. Die Anteile werden sich im Laufe der Zeit verändern, so wie es für die Kinder passend ist.
Das Spiel wirkt von innen nach außen, Schule und Arbeitsaufträge von außen nach innen.
Nicht umsonst braucht es Erziehungskünstler.
Meine Erfahrungen und Gedanken
Ich fasse mich kurz: Wenn man Erstklass-Lehrer:in ist, sind viele neue, unbekannte Augenpaare auf einen gerichtet. Nicht wenige sind in freudiger Erwartung erster schöner Lernerfolge. Doch davon sollte man sich ein stückweit lösen, sich Zeit für die Kinder nehmen und die Ruhe bewahren.
Wenn man erst einmal mehr am Beziehungsaufbau, den guten Gewohnheiten und verlässlichen Routinen arbeitet, sind schon gute Lernvoraussetzungen geschaffen. Fließt das Künstlerische dazu ein, kann ein ruhiger Übergang gelingen.
Am heutigen Märchenmontag habe ich ein schönes Pflanzenmärchen für Euch und Eure Lieben, das auch gut in die Martinszeit, der Zeit der Nächstenliebe, passt: Das Märchen vom Tausendgüldenkraut.
Über Pflanzenmärchen
Seit jeher und auf der ganzen Welt ziehen Pflanzen uns mit ihrer ganz besonderen Magie in ihren Bann. Sie regten die Fantasie an und ließen ganz besondere Geschichten und Märchen entstehen, die stets weitergetragen wurden.
Pflanzenmärchen lassen oft innere Bilder von Wachstum und Erneuerung, Weisheit und Heilung oder auch Reichtum und Wohlstand (reiche Ernte) entstehen.
Das Märchen vom Tausendgüldenkraut
Ein herzensguter Edelmann wird im ganzen Land für seine Nächstenliebe geschätzt. Seine großen Leidenschaft sind die Festmahle auf seinem Schloss. Doch die sind ihm bald nicht mehr vergönnt, so krank wird er. Er betet für Heilung und verspricht, die Hälfte seines Vermögens mit armen Menschen zu teilen. Dann schläft er ein und träumt von einer ganz besonderen Pflanze.
Ob er sie finden und sein Versprechen einlösen kann?
Überall, wo es Podcasts gibt
…. und hier auf meinem Blog findet Ihr die neue Folge „Märchen mit Klang“: Das Märchen vom Tausendgüldenkraut.
Ich wünsche Euch eine schöne Märchenzeit!
Info über Einsatz und Wirkung von Tausendgüldenkraut
Bei Instagram hat sich eine Reihe von Waldorfpädagog:innen zusammengefunden, um das Thema „Aufnahme an der Waldorfschule“ und Schulreife von verschiedenen Seiten aus zu beleuchten. Auch ich möchte dies auf meinem Blog begleiten, teilweise darf ich mich auch über Gast-Autor:innen freuen.
Der Einstieg
Als erstes gibt Kerstin Gruler-Fuchs, die schon einmal einen Gastbeitrag für meinen Blog zum Thema Kinderbücher geschrieben hat (inzwischen ist ihr eigenes Buch „Des Jahres bunte Kinder“ erschienen), einen Einstieg:
Schulwahl und Einschulung sind Themen, welche durchaus auch die Gemüter erhitzen können, Sorgen bereiten, Lebenslinien beeinflussen und die gleichzeitig von einem ganz natürlichen Prozess begleitet werden…. der Schulreife.
Wann ist mein Kind schulreif und was geht der Schulreife vielleicht sogar voraus? Und was haben der Zahnwechsel und der Körperbau des Kindes damit zu tun?
Wie sieht eigentlich so eine Aufnahme an der Waldorfschule aus? Kann ich mich vorbereiten? Und was ist, wenn mir eine Rückstellung empfohlen wird oder wir keinen Schulplatz bekommen?
Gibt es Literatur für mich, wo ich das nachlesen kann?
Ist die Waldorfschule nicht für alle Kinder die beste Schule?
Das sind die Themen unserer Inforeihe
Diese Fragen und noch mehr haben wir für Euch bewegt. In den kommenden Tagen könnt Ihr dazu hier und bei Instagram auf folgenden Profilen nachlesen: @waldorf.mama, @wachsmalbloeckchen, @waldorf.inklusiv, @waldorf.klassenlehrerin, @beziehungskunst.weimar und bei mir: @waldorf.lehrerin
Auch mein Kalender ist bereits wieder mit Kennenlernterminen gefüllt
Aktuell führen meine Kollegin und ich alle Erstgespräche mit den Familien, die ihr Kind an unserer Schule angemeldet haben. So findet ein erster Kontakt auf sehr persönlicher Ebene statt, die Kinder spielen und malen mit uns und wir lernen dabei die Familien erstmals kennen. Auch individuelle Fragen können in diesem Rahmen ganz in Ruhe besprochen werden.
Anschließend gibt es auch an unserer Schule noch ein größeres Treffen, bei dem alle Kolleg:innen aus dem Klassenlehrerbereich mitwirken. Wir haben dann weitere Informationen für die Eltern und die Kinder erleben in einer Gruppe das gemeinsame Spiel, Geschichten und Aquarellmalen. Danach haben alle, die unsere Schulgemeinschaft bilden (möchten), ein erstes Bild des Miteinanders gewonnen und können noch einmal ganz in Ruhe in sich gehen.
Die neue erste Klasse fügt sich also in diesem Prozess zusammen.
Eure Fragen
sind mir wie immer auch sehr willkommen. Daraus ergeben sich ja oft auch neue Themen, die viele interessieren. Hier kannst Du mir schreiben:
In der neuen Folge unseres Lehrerpodcasts „Kaffee, Kreide, Morgenspruch“ sprechen Dustin und ich über die Zukunft. Die Zukunft unserer Waldorfbewegung, unseres Berufs und nicht zuletzt unsere eigene Zukunft.
Unser Berlin-Impuls
Bislang haben wir unserer Hörerschaft nur berichtet, dass wir in Berlin auf einem Workshop waren, den der Bund der Freien Waldorfschulen auf den Weg gebracht hat. Nun konnten wir etwas konkreter werden, denn aus dem Workshop ist die Präsentation der Webseite www.waldorf-zukunkft.de entstanden: Wir waren als Teil eines bunt gemischten Thinktanks aktiv am Auftakt der Zukunftsinitiative beteiligt und sind natürlich auch weiterhin im Austausch mit dem Bund.
Eure Fragen
…. haben wir auch beantwortet. Beispielsweise, ob die 8 Jahre Klassenlehrerzeit noch zeitgemäß sind (kleiner Spoiler: Ich hänge mit ganzem Herzen daran, mir sind aber auch andere Sichtweisen bewusst), wie familienfreundlich eigentlich so ein langer Konferenzdonnerstag ist und mehr.
und wir selbst
Wo stehen wir in 10 Jahren? Zugegeben, ich habe Dustin kalt erwischt mit der Frage, denn unser nicht geringer Altersunterschied zeigt einmal mehr, dass wir auch im eigenen Leben an verschiedenen Punkten stehen.
Und wie in jeder Folge sprechen wir auch über das Hier und Jetzt, erzählen aus unseren Klassen und unserem Alltag. Schaut mal vorbei.
Nach der Hamburgfahrt war ein zweites Highlight in diesen Ferien eine dreitägige Fahrt in die Schweiz mit einer lieben Freundin. Wir haben auf eigene Faust und ganz in Ruhe das Goetheanum besucht, das Gebäude und die gesamte Umgebung dabei auf uns wirken lassen. Ein Rückblick mit großer Zufriedenheit.
Was ist eigentlich das Goetheanum? – Geschichtliches
Das Goetheanum ist eine freie Hochschule, Tagungs- und Arbeitsort der anthroposophischen Gesellschaft. Hier wirkte (und wirkt noch heute nach) Rudolf Steiner, auf dessen Menschenkunde auch unsere Waldorfpädagogik zurückgeht.
Nachdem die anthroposophische Gesellschaft ihre Vorträge und Tagungen zunächst in verschiedenen externen Gebäuden hatte stattfinden lassen, entstand in der Konsequenz und mit der Zeit der Wunsch, der Geisteswissenschaft eigene Räume zu geben, die ihr einen passenden Ausdruck verleihen und in denen sie wirken kann. So entwarf Rudolf Steiner den Plan für das erste Goetheanum. Nach der Bauzeit von 1913 – 1920, ohne Bankkredite (nur durch Spenden und Legate finanziert) und mithilfe vieler Freiwilliger aus 16 verschiedenen Nationen, entstand auf dem „Hügel“ in Dornach das erste Goetheanum.
Zerstörung und Wiederaufbau
Leider fiel die Konstruktion, die in weiten Teilen als Baustoff Holz verwendet hatte, nach recht kurzer Zeit, in der Silvesternacht 1922/23, einer Brandstiftung zum Opfer. Die völlige Zerstörung dieses jahreslangen Kraftaktes führte zu einer großen Krise mit anschließender Erneuerung – sowohl der Anthroposophischen Gesellschaft, als auch des Bauvorhabens.
Während der Gründungsversammlungen der neuen Gesellschaft entstanden die ersten Vorstellungen und Pläne für den Wiederaufbau. Durch diese Veränderung und auch aufgrund des enorm geänderten Zeitgeists nach dem ersten Weltkrieg sah man davon ab, das Goetheanum in der gleichen Weise und äußeren Gestalt wieder aufzubauen, sondern es entstand ein neuer Entwurf.
Inzwischen war auch als neuer, moderner Baustoff Eisenbeton verfügbar. Aus Brandschutzgründen und ästhetischen Gesichtspunkten (es ist flüssig in jede Form zu gießen) wurde dieser Baustoff gewählt. Das Richtfest am Michaelitag des Jahres 1926 erlebte Rudolf Steiner aber nicht mehr.
Der Anthroposophie ein Aussehen verliehen
Im Goetheanum treffen Farben- und Formenlehre, aber auch philosophisch-weltanschauliche Inhalte in künstlerischer Form aufeinander. Es ist ein Gesamtkunstwerk, das sich kaum beschreiben lässt. Die Gestaltung der Räume bis hin zu aufwändigen Deckenmalereien und farbigen Glasfenstern, die durch den Einfall der Sonne farbige Schatten an Säulen und Wänden hinterlassen. Die verschiedenen Skulpturen aus Holz und Gestein, die Gemälde. Jede einzeln künstlerisch gestaltete Tür. Die Farbverläufe an den Treppenaufgängen. Die frischen Blumen in fast jedem Raum. Alles das macht das Goetheanum zu einem großen ganzheitlichem Erlebnis auf vielen Ebenen, eine Atmosphäre, die ihresgleichen sucht.
Hier ist eine Galerie mit Eindrücken. Nicht alle Bereiche sind zum Fotografieren freigegeben.
Weitere Gebäude auf dem Gelände
Das wirklich Faszinierende war für mich zu erkennen, wie sich die einzelnen Gebäude einerseits harmonisch in das Gesamtbild der Umgebung einfügen und andererseits auch ihre Bestimmung nach außen tragen. Allen voran das Heizhaus: Die Flammenform um den Kamin herum, zwei Kuppeln dem Goetheanum zugewandt, inmitten passender Begrünung.
Das Heizhaus
Das Gärtnerhaus
Das Trafohaus
Die Kolonie und die Umgebung
Im Laufe der Jahre wurde immer mehr Wohnraum, auch sozialer Wohnraum, Gäste- und Studentenunterbringungen, geschaffen und architektonisch passend umgesetzt. So kann man heute auf vier verschiedenen Architekturpfaden auf dem „Hügel“ wandern und staunen. Was mir besonders gut gefallen hat, war auch der gemeinsame Raum von Mensch und (Nutz-) Tier. Auf den Grünflächen der Siedlung trifft man Kühe, Schafe und Esel an.
Das alles ohne Führung? Literaturtipps und was sonst noch zu beachten ist
Wir sind einfach losgezogen, haben gestaunt und entdeckt. Begleitet haben uns insbesondere drei verschiedene Bücher, die alle unsere Fragen beantwortet und uns zu verschiedenen Zielen geführt haben. Die Titel lauten:
Hans Hasler: Das Goetheanum. Eine Führung durch den Bau, seine Umgebung und seine Geschichte
(Quellennachweis und Werbung, da Verlinkung. Ich bekomme keinerlei Provision für diese Verlinkung, möchte aber in diesem Blogbeitrag gern den Glomer Buchversand unterstützen.)
Öffnungszeiten beachten
Das Goetheanum war von 9 – 20 Uhr geöffnet (Stand Oktober 2022) und man kann selbst herumgehen. Manche Bereiche werden allerdings beaufsichtigt und sind dann nur zu bestimmten Zeiten zugänglich. Hier der Link zu den Besichtigungszeiten.
Führungen werden generell samstags angeboten, mit etwa einer Woche Vorlauf kann man auch an anderen Tagen eine Führung nachfragen. Am besten eine Anfrage per Email schicken!
Interesse geweckt?
Also ich war sicherlich nicht zum letzten mal in Dornach, denn einerseits gibt es noch so viel zu entdecken. Andererseits hat mir dieser Ort gut getan. Ich fühlte mich sehr zufrieden und ausgeglichen und habe auch viele neue Inspirationen bekommen.Schreibt gern auch Eure Erfahrungen oder Fragen in die Kommentare.