Hilfe, die Einschulung naht

Wenn man in den letzten Ferientagen durch die Innenstädte des Landes bummelt, stehen alle Zeichen auf Schulstart. Überall winken kleine Geschenke, fröhliche Karten und Erinnerungsstücke. Die Botschaft: Hurra, ENDLICH ein Schulkind. Gefühle wie Zweifel, Ängstlichkeit oder überwältigendes Lampenfieber haben in der äußeren Wahrnehmung keinen Platz. Dabei betrifft genau das nicht wenige Familien.

Denn Einschulung ist ein neuer Lebensabschnitt. Neue Menschen. Neue Abläufe. Neue Regeln. Neue Räume, in denen man sich orientieren muss. Lärm. Eine Klingel, die die Abläufe steuert. So ein Einschnitt darf durchaus gemischte und auch große Gefühle auslösen!

Trauern erlaubt.

Wenn Dein Kind ein gesundes, glückliches Schulkind werden soll, braucht es schon ganz zu Beginn der neuen, langen Reise eine behutsame Begleitung. Das gilt ganz besonders für hoch sensible oder neurodivergente Kinder.

Dass der Kindergarten mit Freunden und Erziehenden zurückgelassen werden muss, darf betrauert werden.

Dass die Nachmittage jetzt auch mit Erledigungen für die Schule gefüllt sind und ein Stück ihrer Unbeschwertheit verlieren, darf betrauert werden.

Der Blick nach vorn – ein Übergang

Versprich Deinem Kind nicht, dass die Schule auf jeden Fall und gleich von der ersten Minute an supertoll und es alles meistern wird, sondern versprich ihm, an seiner Seite zu sein. Versprich und halte Bindung. Sorge für neue, schöne Rituale. Erkenne alle Gefühle an, die da sind. Auch die schweren. Denn fest steht: Wenn wir die schweren Gefühle zulassen, werden sie leichter. Verdrängen wir sie, werden sie schwerer.

Ich habe mir Gedanken gemacht, wie man die Tage vor, während und nach der Einschulung mit schönen neuen Ritualen begleiten kann. Dabei entstanden ist:

Mein 10-Tage-Mini-Selbstlern-Kurs

Ich möchte Euch also etwas an die Hand geben (das ich vor 17 Jahren, bei der Einschulung meines ersten Kindes, auch gern gehabt hätte): 10 liebevolle Schritte für die 10 Tage rund um die Einschulung. Damit auch hochsensible Kinder (und ihre Eltern) einen sanften Schulstart haben können. Der Minikurs ist gefüllt mit liebevollen kleinen Gesten, Ideen und Ritualen, die Euch den Übergang mit Zuversicht gestalten lassen. Es geht dabei auch um Deine Schul-Gefühle, die Du ja ebenso mitbringst.

Zum Unkostenpreis von nur 9 € (für meine technischen Hilfsmittel) erhältst Du den Audiokurs, die pdfs zum Nachlesen und mein Gefühlskarten-Set, für das es auch schöne, spielerische Übungen gibt.

Ich würde mich sehr freuen, wenn Ihr den Minikurs nutzt, mir Feedback gebt oder auch anderen davon erzählt.

(Zu) frühe Einschulung

Heute geht es in unserer Themenreihe „Aufnahme an der Waldorfschule“ um die Auswirkungen, die eine für das Kind zu frühe Einschulung haben kann. Ein Gastbeitrag von Wiebke Vos.

Heranreifen im letzten Kindergartenjahr

Das Einschulungsalter wurde in den vergangenen Jahren von staatlicher Seite aus mehrfach vorgezogen. Dagegen können auch Waldorfschulen nur geringfügig vorgehen, obwohl gerade das letzte Kindergartenjahr oft als sehr wichtig angesehen wird. Hier findet eine wesentliche Abrundung der Entwicklung statt, die Kinder gewinnen an Selbstvertrauen und entwickeln neue Energiepotentiale.

Im Idealfall wird in diesem Jahr die erste Reifestufe der leiblichen Entwicklung erreicht, wonach die Kräfte für das intellektuelle Lernen frei werden.

Kinder lernen durch Erleben

Davor können sensorische Primarerfahrungen gemacht werden, die dabei helfen, die Welt zu verstheen. Kinder lernen durch Erleben. Danach können sie sich etwas vorstellen, ohne es zu erfahren. Das ist ein wichtiger Schritt zur Schulreife.

Bei Mädchen setzen die entscheidenden Entwicklungsschritte etwa ein halbes Jahr früher ein als bei Jungen (IPSUM-Studie). Bei vielen Kindern wird bereits mit fünf Jahren eine gewisse intellektuelle Reife festgestellt. Jedoch wird die soziale Reife oft nicht ausreichend berücksichtigt. Körperliche und seelische Reife liegen oft weit auseinander.

Jung eingeschulte Kinder sind dadurch oft weniger belastbar, weniger flexibel genug und haben Schwächen im Sozialen. Bei einer frühen Einschulung, also auch bei Forderung von staatlicher Seite danach, werden oft nur die kognitiven, nicht aber die entwicklungspsychologischen Gegebenheiten berücksichtigt.

Das freie Spiel

Das primäre Bedürfnis des jungen Kindes ist das freie Spiel: Bewegung, Naturerfahrung, Handwerkern, musizieren – aber nicht angeleitet. Nach diesem Bedürfnis muss der Unterricht auch für junge Kinder angepasst werden. Dafür müssen Lehrer:innen in der Pädagogik des ersten Jahrsiebts mehr geschult werden, um adäquate Bildungsangebote schaffen zu können.

Die Frage, die sich stellt, ist dann jedoch: Wie kann die Lern- und Bildungsqualität, die im freien Spiel liegt, in dem Rahmen Schule angemessen und fruchtbar angeregt werden und dabei gleichzeitig auch älteren Kindern gerecht werden?

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