Wenn die Lehrerin anklingelt…

Der Hausbesuch von Waldorflehrern….

Es scheint eine exotische Ausnahme zu sein, dass ein Lehrer oder eine Lehrerin ihre Schützlinge auch einmal außerhalb der Schule besucht und bewusst Zeit mit ihnen verbringt. Immer wieder überrascht es auch neue Waldorfeltern, dass so etwas bei uns üblich ist und der Kontakt zu den Kindern und ihren Familien gepflegt wird. Auch bei Instagram gab es einige Fragen und Interesse an diesem Thema. Hier meine Zusammenfassung.

„Schauen Sie, ob Staub gewischt ist?“

Diese und ähnliche – natürlich nicht ernst gemeinte – Fragen zielen ab auf das WARUM. Warum sollte ein Lehrer zu einem Schüler nach Hause kommen? Welchen Anlass braucht es dazu? Die Antwort ist völlig simpel: Der Grund für einen Besuch ist das Interesse am Kind. Wenn ich mit einem Kind arbeiten möchte, es unterstützen, voranbringen möchte, dann muss ich es immer besser kennenlernen und es verstehen. Und jedes Kind hat ja nicht nur ein „Schulgesicht“, sondern die zweite Seite ist das Zuhause, das Familienleben. Und dabei wird überhaupt nicht gewertet, wie ordentlich, chaotisch, steril oder sonst wie es bei den Familien zugeht.

Wie läuft so ein Hausbesuch denn ab?

Hier gibt es natürlich keinen Leitfaden und keine Vorgaben. Meistens ist es so, dass ich anklingele, die Kinder mich selbst hereinlassen und mir ihr Zuhause zeigen. Ich lerne dabei manchmal Großeltern, manchmal Haustiere kennen, besondere Hobbies und Werkstätten und und und. Es ist so faszinierend zu sehen, was ein Kind wirklich morgens mit zur Schule bringt!

Manchmal haben die Kinder mit ihren Eltern meinen Besuch gemeinsam vorbereitet und dafür Kuchen oder Waffeln gebacken, das muss aber natürlich nicht sein. Manche Familien integrieren meinen Besuch auch einfach in den normalen Alltag und so erlebe ich, wie es normalerweise bei ihnen zu Hause zugeht, nachdem die Eltern gerade von der Arbeit wieder zurück sind, Geschwister abgeholt wurden usw.

Nachdem mir die Kinder also Vieles gezeigt haben, möchten sie meist etwas mit mir spielen oder unternehmen. Das Lieblingsspiel wird herausgeholt, in einigen Fällen haben wir auch zusammen musiziert. Es ergibt sich alles vor Ort – es sei denn, die Kinder haben sich im Vorfeld schon etwas überlegt.

Wer lädt denn ein? Die Lehrerin sich selbst oder die Kinder ihre Lehrerin?

Ich kann da nur für mich sprechen und es ist nicht mein Ding, mich aktiv bei irgendjemandem einzuladen. Ich werde aber nicht müde, bei Elternabenden oder -gesprächen darauf hinzuweisen, dass ich sehr gern Hausbesuche mache 😉 Wenn Eltern mich fragen, wie sie denn einen Termin zum Hausbesuch bekämen, antworte ich meist: „Laden Sie mich doch einfach ein!“ Und schon stehen wir da mit Terminkalender in den Händen.

Ist es ein mobiler Elternsprechtag?

Definitiv nein! Denn wie der Name „Elternsprechtag“ schon sagt, passt es nicht zu dem Anliegen, einem Kind bewusst Zeit zu schenken, wenn man mit Eltern Themen der Erwachsenen zu besprechen hat. Auch Probleme und Konflikte aller Art haben auf einem Hausbesuch meiner Meinung nach nichts zu suchen. Die Atmosphäre sollte unbeschwert sein. Schließlich betrete ich in besonderem Maße die Privatsphäre von Familien. In schwierigen Fällen macht es Sinn, sich im Vorfeld in der Schule zu treffen und die Dinge zu bereden, so dass der Hausbesuch seine schöne Seite behält.

Sicher – wenn man gemeinsam am Tisch sitzt, wird viel erzählt und man erfährt dabei auch viel Neues, manchmal auch besondere Geschichten. Und manchmal gibt es auch noch Fragen. Oder in dem geschützten Rahmen möchten Kinder mir vielleicht auch einmal etwas Schulisches berichten, für das vor Ort noch nicht die Gelegenheit war. Das darf dann selbstverständlich sein. Doch was man an Problemen im Vorfeld auf der Erwachsenenebene klären kann, sollte man auch vorab klären.

Wie oft kann man als Kind besucht werden?

Das hängt von den Einladungen der Familien und natürlich auch meinem Terminkalender ab. In der Vergangenheit gab es durchaus Kinder, die ich mehrfach besucht habe – aber auch Familien, bei denen ich nie war. Es ergibt sich.

Wie gut sollte ein Lehrer ein Kind kennen, bevor er es besucht?

Grundsätzlich geht es ja darum, das Kind kennenzulernen oder noch besser kennenzulernen. Ich habe in meinen Klassen nicht selten auch Kinder besucht, bevor sie ihren ersten Schultag in meiner Klasse hatten. Besonders wenn Quereinsteiger ängstlich oder verunsichert sind, tut es ihnen gut, schon zu wissen, dass ihre Lehrerin sie bereits einmal richtig wahrgenommen hat – was übrigens auch für mich sehr gut ist. Es gibt also auch hier keine Frist.

Und wann findet der nächste Hausbesuch des Montagskindes statt?

Wahrscheinlich noch in den Sommerferien 🙂

2 Gedanken zu „Wenn die Lehrerin anklingelt…

  1. Pingback: Lernen und die Qualität der Beziehung | Der Montagskind Blog

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